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Werkschau 2023 — Antoine Félix Bürcher

Mit Blick über die alten Industriehallen in der Manegg in Zürich-Wollishofen sitzen wir bei herrlichem Sommerwetter auf dem grossen Balkon des Gemeinschaftsgebäudes an der Allmendstrasse. Das Areal dient, so beschreibt es unter anderem die Online-Plattform einer Kultur-Raumbörse, bis zu seinem geplanten Abriss im Sommer 2024 der Zwischennutzung als Kultur- und Arbeitsraum «von Menschen, Vereinen und Kollektiven aus der Stadt Zürich oder mit einem starken Bezug zu Zürich». Einer von ihnen ist Antoine Félix Bürcher – oder einfach nur Félix, wie er sich als Künstler nennt. Der junge Kunstschaffende teilt sich hier seit gut einem Jahr in einer der Hallen ein Gemeinschaftsatelier. Ein kleiner Zusatzraum dient ihm als Giesserei und beherbergt einen Schmelzofen, den er durch Zufall erwerben konnte. Beides ein absoluter Glücksfall, wie er betont.

Gleich zu Beginn unseres Gesprächs gesteht mir Félix, dass er noch ziemlich müde sei. Verantwortlich dafür ist ein neues Projekt, bei dem er nachts mit an seinem Körper befestigten Filzstiften schläft. Sweet Dreams are made of this heisst diese neue Serie und ist ein Versuch, erklärt er mir, «das Bewusste in der Zeichnung zu überwinden. Quasi den Körper, Landkarten der Traumwelt, zeichnen zu lassen». Die Idee berührt mich, bedenkt man doch, dass der Zustand des Schlafens und Träumens fast die Hälfte unseres Lebens ausmacht. «Sehr erholsam ist es dennoch nicht.» Er lacht. Der erste Kaffee wirkt und die Lebensgeister kehren zurück.

Die konzeptuelle Herangehensweise ist charakteristisch für das Werk des Künstlers, das sich meist, wie er es nennt, einer skulpturalen Annäherung bedient. Seit etwa sechs Jahren experimentiert Félix dabei mit unterschiedlichen Gusstechniken. Stösst er mit den Güssen an die Grenzen des Umsetzbaren, greift er auf andere künstlerische Ausdrucksmittel wie etwa die Performance oder Videoarbeit zurück – für ihn kein Widerspruch, sondern lediglich neue Perspektiven ein und derselben Sache.

Für die Arbeit der Werkschau nutzt Félix ein seit zwei Jahren in seinem Œuvre stark vertretenes Element, das Glas. «Es ist mir wichtig, mit einem Material zu arbeiten», führt er diesbezüglich aus, «auf das ich einen einfachen Zugriff habe». Das gesammelte Glas stammt aus seinem persönlichen Bewegungsradius; Altglas von ihm selbst, den WG-Mitbewohnenden aber auch von Flaschen, die er unterwegs findet. «Mich fasziniert Glas auf sehr unterschiedlichen Ebenen», fährt er in seiner Ausführung fort. Einmal sei es die ihm innewohnende Paradoxie, die Stärke und Zerbrechlichkeit vereint. Aber auch die Grade an Opazität, welche die Gegenstände mal trüb, mal spiegelnd sowie transparent erscheinen lässt. Die Veränderungen während des Schaffensprozesses sowie bei der Präsentation der fertigen Objekte, deren Oberflächen sich je nach Lichtverhältnissen wandeln, sind ebenfalls Faktoren, die er gerne mit einfliessen lässt. Hinzu kommt auf metaphorischer Ebene der Gedanke des Zurückgelassenen und die damit verknüpften Aspekte von Zeit, Erinnerung, Narration, Fiktion und Traum. Bezüge, die auch im an der Werkschau präsentierten Ensemble La baignade aufgegriffen werden. Inspiriert von der Poesie Edgar Allan Poes (Die Stadt im Meer, 1845) schuf der Künstler hierfür auf dem Boden verteilte Glasskulpturen flüchtig hingeworfener, faltiger Kleidungsstücke. In unterschwelliger Art evozieren sie eine Badeszene. Kindheitserinnerungen und zugleich geisterhaft zurückgelassene Hüllen, die an schwimmende Körper erinnern und über das lebenswichtige sowie sozialisierte Verhältnis von Wasser und Mensch reflektieren lassen.

Félix Bürcher (*1999 in Lausanne) lebt in Zürich 

Ausbildung
2023–2025 Master Fine arts, Zürcher Hochschule der Künste ZhdK
2019–2022 Bacherlore Fine arts, Haute Ecole d’Art (HEAD), Genf

Auswahl Auszeichnungen 
2017 ‹Youth grand prize›, awarded by the city of Lausanne 

Auswahl Ausstellungen 
2023 ‹BaseCamp Edition IV›, Locarno; ‹Infinite softness›, Danuser&Raminez gallery, London; ‹Video performance at the Psychedelic Salon›, Cabaret Voltaire, Zürich 
2022 ‹Dragon‘s Lair›, Drachenhöhle, Zürich, soloshow.online
2021 ‹Swiss territory archive, BIG 4th edition, Genf
2020 ‹Bless my personal data›, Mal:Mal, Bern

Institutions

Title Country City Details
Museum Haus Konstruktiv
Switzerland
Zürich
Zürich

Artist(s)

Author

Details Name Portrait
Rani Magnani

Exhibitions / Events

Title Date Type City Country Details
Werkschau 2023 - Exhibition Zürich Switzerland
-
Exhibition
Zürich
Switzerland