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Gland/VD — Winzige Kunsthalle, Edition, Galerie, Atelier und Kunstwerk in einem, das ist ‹Vincentime›, 2014, auf dem Bahnhofsplatz in Gland, in der Mitte zwischen Genf und Lausanne. Diese von Vincent Koller (*1977, Nyon) konzipierte Münzprägemaschine schreibt sich erst einmal in dessen kluge Erneuerung der Pop Art ein: Seine Werke greifen die Energie omnipräsenter Objekte und Riten auf. Dies geschieht nicht auf geschmäcklerische, sondern vielmehr anästhetische Weise. Entsprechend ist es keine Pop Art, die uns einmal mehr unser modernes, glossy und sexy Leben vor Augen hält – vielmehr eröffnen sich in den Werken von Vincent Kohler unvermittelt Fragen schier anthropologischer Dimension: Was verbindet unserer Gesellschaft auf unterschwellige Weise von der Kleidung bis zum Wurstbraten? Vor allem aber nimmt er im Prozess der Aneignung die Ansätze des zuweilen als elitär begriffenen professionellen Kunstbetriebs unter die Lupe.  

Auf ‹Vincentime› kann man nicht wie üblich ein Wahrzeichen in harter, öder Umrisszeichnung mit dem Ortsnamen und der Höhe ü. M. in ein Zwanzigrappenstück einprägen. Vielmehr fällt hier die bereits vierte Edition von je vier Kunstwerken all denen in den Schoss, welche die Münze oben in den Schlitz stecken und die Kurbel in Bewegung setzen. 

Die Programme sind stets durchmischt und die individuelle Persönlichkeit der Kunstschaffenden tritt deutlich zu Tage. Auch die aktuelle Serie gilt wieder Kunstschaffenden verschiedener Alter und Ausprägung. Aber erstmals finden sich hier explizit Maler und Malerinnen versammelt. Trotz der bescheidenen Mittel sind dabei bislang ungekannte Experimente mit flächiger Durchgestaltung generiert worden. Die eher Abstrakten Lisa Beck (*1958, New York) und Flora Mottini (*1985, Genf) und zumindest vordergründig Figurativen Nina Childress (*1961, Pasadena), und Nicolas Party (*1980, Lausanne) wissen gleichermassen zu begeistern. 

Besonders schelmisch ist der Einbezug der Girlanden auf den nach wie vor auf weibliche Allegorik zurückgreifenden Schweizer Münzen von Nina Childress. Damit das Mäschchen unter der «20»  unseres in ihrem Porträt einer Punkmusikerin zu einer Halskrause wird, braucht es allerdings etwas Glück. Oder man muss pröbeln und kommt damit zu den komplexen Fragen von Matrize und Abzug. Wie auch immer leuchten aus der Fusion von Elementen der Belle-Epoque, Punk und Malerei interessante Perspektiven auf. Und man fragt sich, wie die maskuline Kultur des langen 20. Jahrhunderts jenseits von Quoten aufgebrochen werden könnte.

‹Vincentime – 4ème série›, 2021, https://www.vincentkohler.ch/en/vincentime/  ca. 2 Jahre

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Public Art
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Bahnhofsplatz
1196 Gland
Schweiz