Katrin Freisager in der Galerie Art-Magazin

Katrin Freisager · Color of Skin, 1998
Fotografie; Courtesy Galerie Art Magazin, Zürich

Katrin Freisager · Color of Skin, 1998
Fotografie; Courtesy Galerie Art Magazin, Zürich

Besprechung

-®½,-? ?eres Hotelzimmer in New York. Ein rothaariges Model in billiger Unterwäsche spielt «sich selbst», allein in einer fremden Grossstadt. Katrin Freisager fotografiert, wenn Sehen und Spüren eins wird; die Frau, den Raum, den Dialog von Körper, Wand und Boden. Daraus ist der Zyklus «Color of skin» entstanden, der nun in der Galerie Art Magazin erstmals gezeigt wird.

Katrin Freisager in der Galerie Art-Magazin

Die grossformatigen Fotografien, die Katrin Freisager (* 1960) vor drei Jahren in der Galerie Art-Magazin von Rolf Müller zeigte, gehörten damals auf dem Platz Zürich zu den meistreproduzierten Bildwerken. Das «keusche Verlangen» (Tages-Anzeiger, Magazin 41/95) von «Bettina», «Anna», «Pipilotti», die, nur mit Unterwäsche bekleidet, selbstvergessen auf ihren Matratzen lagen und in die Kamera schauten, faszinierten. Erfolg erzeugt Druck; wie weiter? Katrin Freisager konzentrierte sich zunächst auf ihre dokumentarische Leidenschaft und erhielt für ihre Sicht auf «The seventh generation» im Gebiet der Lakota-Indianer mehrere Auszeichnungen.Dann zog sie nach New York (Atelier der Stadt Zürich). Das Lebenstempo, die Härte der Realität, aber auch die Qualität der New Yorker Foto- und Video-Szene fordern sie heraus. «Es sind die Widersprüche, die mich packen», sagt Katrin Freisager. In einem ersten, bisher nie gezeigten, grossformatig konzipierten Zyklus behält sie ihren Blickwinkel von oben nach unten bei, drängt aber die Intimität der «Frauenbilder» von 1995 zurück. Sie arbeitet nicht mehr mit Freundinnen, sondern – der Situation in der Grossstadt Rechnung tragend – mit Models; Männer und Frauen weisser und schwarzer Hautfarbe. Sie lässt sie in weiss-beiger Unterwäsche zugleich puppenhaft wie rhythmisch-ästhetisch posieren. Was ist «Bild», was ist Körperausdruck?Analog Tendenzen in der aktuellen Fotografie nimmt Katrin Freisager immer stärker die Position der Regisseurin ein. Für «Color of skin» sucht sie wochenlang nach einer Darstellerin, die jene Mischung von Erotik und Gewöhnlichkeit verkörpert, mit jener «porzellanigen, dünnen Haut, die Erleben sichtbar machen kann».Inhaltlich spannt der Zyklus einen Bogen zum «Daumenkino», das sie vor fünf Jahren zusammen mit Pipilotti Rist machte (Parkett 37/93). Auch damals waren Raum, Körper und Bewegung in direkte Interferenz gestellt. Doch was dort szenische Dynamik war, ist hier auf stille Teilhabe am Alleinsein einer jungen Frau im Dialog mit sich selbst ausgerichtet. Dasvoyeuristische Moment ist in der Montage verschiedener Blickwinkel, Schärfen und Proportionen in mehrteiligen Wandinstallationen aufgefangen. Der Ausdruck des Körpers ist im Ausdruck des Raumes – im rot gemusterten Teppich, dem voluminösen Radiator, den Wänden aus Holzimitat gespiegelt. Das Pathos individueller Erfahrung löst sich in der Schmuddeligkeit des Alltags auf. Das Schöne und das Hässliche werden eins, analog der geschmacklosen Kombination von BH und Slip. Die Realität findet nicht im Glamour der Werbewelt statt und ist doch geprägt von ihren Träumen. Katrin Freisager gibt ihnen Antwort, indem sie nachts Fragmente des Zyklus auf die grossen Fensterscheiben projiziert; Einblicke, die keine sind. «The seventh generation» erscheint im Frühling 1999 in Buchform, als Koproduktion von «Power House», New York und Benteli Verlag, Bern.


Bis 
29.01.1999
Ausstellungen/Newsticker Datum Typ Ort Land
Katrin Freisager 14.11.199830.01.1999 Ausstellung
Künstler/innen
Katrin Freisager
Autor/innen
Annelise Zwez

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