Max Beckmann

Max Beckmann · Der Mord, 1933, Aquarell und Tusche über Vorzeichnung mit schwarzer Kreide auf Papier © ProLitteris

Max Beckmann · Der Mord, 1933, Aquarell und Tusche über Vorzeichnung mit schwarzer Kreide auf Papier © ProLitteris

Max Beckmann · Selbstbildnis auf Grün mit grünem Hemd, 1938–1939, Öl auf Leinwand © ProLitteris, Courtesy Museum der bildenden Künste Leipzig

Max Beckmann · Selbstbildnis auf Grün mit grünem Hemd, 1938–1939, Öl auf Leinwand © ProLitteris, Courtesy Museum der bildenden Künste Leipzig

Hinweis

Max Beckmann

Mendrisio — Trotz des klaren Bildaufbaus mit der hochliegenden Horizontlinie und dem massiven Balken, der den Ausblick auf eine schmutzig-grünliche Fläche frei lässt, existieren in diesem Bild keine horizontalen und vertikalen Linien. Der Raum ist destabilisiert, alles kippt, fällt. Ein wildes, unübersichtliches Durcheinander von Farben, Linien, Strukturen verwirrt den Blick. Zunächst wirkt das Aquarell fast abstrakt, die frei hingeworfenen Tuschelinien und die schiefen Farbflächen schaffen einen dynamisch drehenden Sog, der sich rund um das Gewimmel im unteren Bildteil dreht. Der Blick folgt der Drehbewegung, fällt auf den unruhig ins Bild wehenden gelblichen Vorhang im angeschnittenen Fensterrahmen, der auf das Unheil deutet. Allmählich werden Gegenstände erkennbar: harsch umgeworfene Tische, Stühle, Lampen, ein zerborstener Spiegel. Das Bild der totalen Zerstörung. Erst jetzt fällt die Aufmerksamkeit auf die einzigen warmen Farben im Bild. Knallrote kleine Tupfer auf weis­sem Grund. Gleich darunter: Ein Paar nackte Füsse ragen kaum merklich unter grünen und weissen Flächen hervor. Jetzt erst erschliesst sich die Szene: Es handelt sich um die Füsse eines soeben Ermordeten, der unter einem blutverschmierten Leintuch liegt. Das Aquarell ‹Der Mord› von 1933 ist symptomatisch für Max Beckmanns (1884, Leipzig – 1950, NYC) luzide Chronik einer dramatischen Zeitepoche. Die Gräuel werden nie direkt erzählt, sie werden erst bei genauem Hinsehen deutlich, über den formalen Bildaufbau, die Linienrichtungen, die Farbwahl, die harten Kontraste, Mikroverweise, die schwarzen Silhouetten, aufgewühltes Wasser, welke Blumen, tote Fische oder melancholische Blicke. Beckmann verarbeitet so die Grausamkeiten des Ersten Weltkriegs, die bei ihm 1915 zu einem psychischen und physischen Zusammenbruch geführt hatten. Nach seiner Ächtung als «entarteter Künstler» floh er 1937 ins Exil, zunächst nach Amsterdam und später nach New York, von wo aus er nie mehr nach Deutschland zurückgekehrt ist. Die Retrospektive im Museo d’Arte Mendrisio, beschreibt in einem chronologischen Ablauf die Entwicklung des deutschen Malers von den neoimpressionistischen, menschenleeren Landschaften der Anfänge über das grafische Werk der Neuen Sachlichkeit bis zu seinem Spätstil mit geläuterten Formen und fröhlicheren Farben. Das Ende bringt Erlösung. 

Bis 
27.01.2019
Ausstellungen/Newsticker Datum Typ Ort Land
Max Beckmann 28.10.201827.01.2019 Ausstellung Mendrisio
Schweiz
CH
Künstler/innen
Max Beckmann
Autor/innen
Barbara Fässler

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