Olaf Breuning im migros museum

Olaf Breuning · Can Someone Tell Us Why We Are Here?, 2007, C-Print auf Aluminium, laminiert, 122 x 155 cm

Olaf Breuning · Can Someone Tell Us Why We Are Here?, 2007, C-Print auf Aluminium, laminiert, 122 x 155 cm

Besprechung

In der grosszügig angelegten Installation im migros museum hat Olaf Breuning punktuell Abstand von der lange bewährten, überaus erfolgreichen Mixtur aus Kettensägen, Vampirismus und Skeletten genommen. Dafür öffnen sich alle Arten von Spielplätzen.

Olaf Breuning im migros museum

Im Foyer des migros museums ist ein Garten aus Baumstämmen imaginiert, die zu Totempfählen und Kinderbuch-Gestalten behauen sind. Stachelartig ragen aus den Holzfiguren Hunderte von farbigen, selbst gezogenen Kerzen. Dahinter versperren Dutzende von Kunsttransportkisten die Räume. In den kleinen ausgesparten Nischen sind Objekte und Fotografien platziert. An den Kistenwänden hängen gerahmte Comicszeichnungen, die mit wenigen Strichen neben Tieren, Skeletten und Bäumen mit Gesichtern erotische Szenen wiedergeben. Die Kisten sind so angeordnet, dass Nischen ausgespart sind, in denen die Betrachter auf die Werke des ewigen Kindes im Manne, Olaf Breuning, stossen: so auf einen liegenden Mann aus M-Budget-Artikeln, mit Igelhaaren aus Bleistiften und einem Schnauz aus Zahnbürsten, auf Fantasiegestalten, die aus Kunststoff-Lebensmitteln zusammengebastelt sind, und dann auf einen Teich mit Fröschen aus Keramikgeschirr oder ein Skelett, das mit einem Mädchen wippt.
Selbst da, wo Breuning politische Implikationen vorgibt, etwa in der Fotografie einer Gruppe von Menschen in beschrifteten Kartonschachteln, die ein Bild der Gefangenen in Guantanamo verarbeiten soll, steht das Verspielte im Vordergrund und die Wirkung bleibt flach. Dasselbe gilt für die Fotografie «Collage Family», die Figuren zeigt, die aus lustigen Bildern und Witzen aus Google zusammengesetzt sind. Damit will Breuning darlegen, wie wir immer mehr mit dem Müll aus dem Internet zugedeckt werden. Schade um den schönen Marmor, denkt man angesichts der comicartigen Figurengruppe, die aus der Sicht des Künstlers die Evolution der Menschheit darstellen soll, deren letzte Phase in der Mensch-Maus, dem computerisierten Menschen kumuliert.
Am Ende des Rundgangs läuft die neue Videoarbeit «Home 2», die an «Home» von 2004 anknüpft. In Home zeigte Breuning eine Doppelprojektion. In ihr sieht man einen jungen, verkifften Mann in einem geschmacklosen Hotelzimmer umhergeistern, wobei er zusammenhangslos von seinen Reisen plaudert, deren Episoden in der zweiten, farbigen Projektionsfläche gespielt wurden. In «Home 2» begegnet man dem Hauptdarsteller auf Papua-Neuguinea und an anderen Orten. Exotische Destinationen erscheinen als Projektionen der Tourismusindustrie, wo Touristen der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Hier wie dort befindet er sich an Orten des Nirgendwo. Wie der Titel nahe legt, drehen sich die einzelnen Sequenzen um das Thema Heimatgefühl respektive Heimatlosigkeit. In einer Welt der überall verfügbaren typisierten Bilder, die gleichwertig sind und sich auch beliebig interpretieren lassen, erweist sich derartiges Reisen - und sei es auch nur, um eine Heimat zu finden - als sinnloses Unterfangen. Hat wohl deshalb der Künstler Zuflucht zum ewigen Kindsein genommen als Lebensrezept in einer Welt, die sich von Utopien verabschiedet hat und in der sich Sinn nur noch im Konsum erschöpft?

Bis 
20.10.2007

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