Chiharu Shiota
Chiharu Shiota
Fast märchenhaft entrückt erscheinen dem Eintretenden die beiden Galeristinnen hinter ihrem Desk, das nur noch durch ein dichtes, unentwirrbar anmutendes Fadengeflecht zu sehen sind. Man ist gleich fasziniert, möchte das poetische Netzwerk betreten und merkt, dass dies unmöglich ist. In einer raumgreifenden, fast schon raumsprengenden Installation hat die japanische Künstlerin Chiharu Shiota (*1972, Osaka, lebt seit 1999 in Berlin) Decke, Wände, Tisch, Stuhl und verstreut liegende Manuskriptseiten und aufgeschlagene Bücher mit kilometerlangen schwarzen Wollfäden eingesponnen. Das Flechtwerk schafft einen intimen Raum und scheint einen Moment zu bannen, der mit Erinnerungen, Gefühlen, Ängsten und Träumen aufgeladen ist. Die Installationen werden jedes Mal neu geschaffen und bleiben so eine flüchtige Station im Arbeitsprozess der Künstlerin. Geprägt von den Performance-Künstlerinnen Marina Abramovic und Rebecca Horn hat sich Shiota in früheren Installationen selbst mit schwarzen Wollfäden in einen schützenden und gleichzeitig einengenden Kokon eingesponnen. Man sieht dem undurchdringlichen Dickicht der Gespinste kaum an, dass sie im Entstehungsprozess ständig neue Entscheidungen erfordern. So mehrdeutig und widersprüchlich diese labyrinthischen Strukturen sind, können sie auch als Metaphern für neue Netzwerktechnologien gelesen werden.
Dominique von Burg |
Chiharu Shiota |