Thomas Kapielski — Nutzkunst
Als absolutes Multitalent treibt Thomas Kapielski den kunsthistorischen Diskurs ad absurdum. Bei Marlene Frei werden nun Werke aus der neuen Serie ‹Nutzkunst› gezeigt und konfrontiert mit Arbeiten von Vorbildern und Nachfahren wie u. a. Thomas Haemmerli, Dieter Meier und Dieter Roth.
Thomas Kapielski — Nutzkunst
Zürich — «Die herbe Anmut der Nutzkunst», geschrieben in informeller Schrift auf einem Fotodruck, der ein Trockenblumen-Arrangement im tristen Treppenhaus eines Wohnhauses abbildet, spricht Bände über ein Leben in kleinbürgerlichem Mief. Ein über einem kleinen Lavabo installierter ‹Polnisch Beuler›, beide 2018, verweist nicht nur auf die aus Mangel geborene Improvisationsgabe, sondern auch auf eine Art Fischli/Weiss’sche Anordnung. Zu philosophischen Betrachtungen regt die Serie ‹Klarheit durch Unklarheit›, 1993, an, sind doch auf den kleinformatigen, an die Wand gepinnten Pressspan-Malplatten die handgeschriebenen, teils holprigen Worte «Jcke, Kunst, zuhause, Tod, Leben, Korn, Pappa, Moppel, Gott» zu entziffern. Alltagsgegenstände, Übersehenes, Unscheinbares wird von Kapielski in Kunstsettings eingebracht, er wertet sie so auf und lichtet sie ab. Die Fotografien werden mit absurden, irritierenden Floskeln aufgepeppt. Als «Nutzkunst» bezeichnet Kapielski diese Strategie, an deren Anfang seine Ateliersituation stand. In Ermangelung eines Ateliers verwendete er ein selbst gemaltes Bild, das er umgekehrt auf zwei Holzböcke legte, um darauf seine gesammelten Eingebungen zu verarbeiten. Mit dieser Geste sollte ganz en passant der Kunst das Erhabene ausgetrieben werden. Die Nutzkunst lässt an Duchamps ‹Fountain› denken, doch indem Kapielski die oft mit «Nu.Ku.» bezeichneten Nutzkunstwerke wieder dem ursprünglichen Gebrauch zuführt, überbietet er die Geste des Readymade. Dies ist zumindest die Meinung von Thomas Haemmerli, der in seiner witzigen Hommage an Kapielski dessen Objekt ‹Stehpult TK-Inspiration›, 2018, in einem Video anschaulich erläutert. Als Meister des Wortes schreibt und fabuliert Kapielski unermüdlich Aphoristisches, Alltägliches, Philosophisches, Kunsttheoretisches und Skurriles. Zugleich hält er Lesungen, Diavorträge, tritt als Performer und Musiker auf, produziert Theaterstücke, Filme und Hörspiele. Und in einem fotografierten, mit Acryl und Spray übermalten Selbstporträt präsentiert er sich als «platonischer Ideenmaler». Ein auf dem Porträt applizierter Gummiabflussreiniger aus Gummi und Holz dient dazu, dass «seinem Haupt ein wenig Pneuma und Eingebung entwunden werden kann, auf dass schöne Werke daraus entstehen». Und in der Tat: Seine multimedialen, oft mit Wortspielen versetzten Arbeiten vereinen ein gerüttelt Mass an Humor, tiefem Ernst und spielerischem Geist.
Institutionen | Land | Ort |
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Galerie & Edition Marlene Frei | Schweiz | Zürich |
Ausstellungen/Newsticker | Datum | Typ | Ort | Land | |
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Thomas Kapielski mit Vorbildern und Nachfahren | 30.08.2018 – 20.10.2018 | Ausstellung | Zürich |
Schweiz CH |
Dominique von Burg |
Thomas Hämmerli |
Thomas Kapielski |