Zürich — Im boomenden Kreis 3 gibt es bisher nur wenige Galerien. Eine davon ist die von Philipp Zollinger, gegründet im Februar 2019. Das Programm besticht durch eine internationale Ausrichtung junger sowie etablierter Positionen. Im Fokus steht die Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist, dem Ausloten des emanzipatorischen und transzendentalen Potenzials von Kunst und das Hinterfragen von Formen visuellen Ausdrucks. Medien wie Skulptur, Installation, Video, Performance werden gleichermassen gefördert. Trotz des oft prophezeiten Endes der Malerei feiert die Gattung ein ergreifendes Comeback mit breitem Spektrum an erfrischenden Ausdrucksformen. Philipp Zollinger stellt deshalb aktuell neue Arbeiten der in Berlin lebenden Malerin Sophie Reinhold (*1981) aus. Die Künstlerin bricht mit altbekannten Bildwelten und spielt mit materiellen und inhaltlichen Kontrasten. Figurative und narrative Elemente durchziehen ihre Werke, etwa eine in Verzweiflung harrende Person oder eine springende kopfloser Figur, die ihrem Schatten nachjagt wie Peter Schlemihl in seiner ‹wundersamen Geschichte›. Eine andere Arbeit zeigt ein Autobahnschild mit Wegweiser. Solche Zeichen bieten auf symbolischer Ebene Multiperspektiven an wie eine städtische Weggabelung.
Die Farbfelder auf den teils mit Marmormehl bearbeiteten Bildgründen überlagern sich scharfkantig und reliefartig. Die Sujets in diesen anachronistischen Bildern wirken surreal-fantastisch, oft gepaart mit einer Prise Humor, etwas verstörend – beispielsweise eine schlafende, nur scheinbar zusammengehörige Menschenfamilie. Sigmar Polke sei Reinold auf der malerischen Ebene ein Vorbild.
Die präsentierten Werke spiegeln Eindrücke einer Reise ins Engadin: Sie sprechen von unberührter Landschaft, aber auch von einem in St. Moritz selbstverständlichen Reichtum. Darauf rekurriert ein Gemälde von grossformatig dargestelltem Silberbesteck. Die in Ostberlin und einem Sozialstaat ohne «materielles Erbe» aufgewachsene Künstlerin hat denn auch für diese Arbeit den bezeichnenden Titel ‹Wer will schon dreckiges Silber erben› gewählt.