Zahl, Rhythmus, Wandlung

v.l.n.r.: Mirjam Beerli · Zentriert, 2018; huber.huber · Polarisierte Ringelblumen, 2010 / 2011, ­Courtesy Galerie ­DuflonRacz, Bern; Emma Kunz · Werk Nr. 410, o.J.; Ausstellungsansicht Kunsthalle Ziegelhütte Appenzell

v.l.n.r.: Mirjam Beerli · Zentriert, 2018; huber.huber · Polarisierte Ringelblumen, 2010 / 2011, ­Courtesy Galerie ­DuflonRacz, Bern; Emma Kunz · Werk Nr. 410, o.J.; Ausstellungsansicht Kunsthalle Ziegelhütte Appenzell

Emma Kunz ca. 1953 an ihrem Zeichentisch in Waldstatt. Foto: Werner Schoch / Staatsarchiv AR

Emma Kunz ca. 1953 an ihrem Zeichentisch in Waldstatt. Foto: Werner Schoch / Staatsarchiv AR

Hinweis

Zahl, Rhythmus, Wandlung

Appenzell — Die Schweizer Künstlerin, Radiästhesistin, Naturforscherin und Heilpraktikerin Emma Kunz war nicht nur hellseherisch begabt, sondern liess als Künstlerin in visionäre Welten blicken. Die Kombination ihres Œuvres mit zeitgenössischer Kunst verdeutlicht ihre immense Bedeutung für die heutige Zeit. Als Erstes gerät man in ein Labyrinth, das von tiefen Tönen und scheinbar flüsternden Stimmen widerhallt. Dabei soll es sich um den Klang des Kosmos handeln – die von der NASA aufgenommenen Schwingungen zwischen den neun Planeten unseres Sonnensystems. Die Installation von Roswitha Gobbo (*1989, Appenzell) schafft einen stimmigen Einstieg in die mystische Welt von Emma Kunz (1892, Brittnau – 1963, Waldstatt). Formal lehnt sich die an Katakomben erinnernde Arbeit an die Konstruktion des Ausstellungsortes an, eine zur Kunsthalle umfunktionierte Ziegelhütte aus dem 16. Jahrhundert. Neben Gobbo setzen sich elf zeitgenössische Schweizer und internationale Kunstschaffende vertieft mit Werk und Wirken von Emma Kunz auseinander. Auf das heilende Potenzial von Kunst verweist ­Vidya Gastaldon (*1974, Besançon) mit der Serie der ‹Healing paintings› und ‹Healing objects›, 2019. Sie «reanimiert» gefundene Werke, bevölkert sie mit monströsen und anthropomorphen Figuren. Fasziniert von Emma Kunz’ spektakulären Experimenten, mittels Spiralpendelrute das Wachstum von Blumen zu beeinflussen, schufen huber.huber (*1975, Münsterlingen) die grossformatige Kohlezeichnung ‹Polarisierte Ringelblumen›, 2010 /11. Mirjam Beerli (*1957, Basel) vertiefte sich in die Denk- und Arbeitsweise der Heilerin und erzeugt anregende, zwischen Präzision und Variation oszillierende Liniengeflechte, -gitter und -bündel.
Emma Kunz erkundete energetische Zusammenhänge mithilfe eines Pendels und hielt ihre Erkenntnisse auf Millimeterpapier fest. So sind ihre bekannten, hochkomplexen geometrischen Arbeiten entstanden. Sie stellen eine Zeichensprache dar, die durch Zahlen rhythmisiert und modifiziert wird. Mitunter sind in den Kompositionen mit kristallinen, pflanzlichen und ornamentalen Motiven menschliche Figuren in einer geometrischen Form verstrebt, ähnlich wie bei Leonardo Da Vincis Proportionsstudie ‹Der ­vitruvianische Mensch›. Ursprünglich dienten die Zeichnungen der Künstlerin als Diagnose­mittel im hellseherischen, therapeutischen Prozess. Charakterisiert durch scheinbare Symmetrien und bestimmte farbige Zonen sollen sie aufgrund elektronischer Schwingungen eine heilende Wirkung haben. Die Ausstellung mit einer konzentrierten Auswahl aus ihren über 400, zum Teil noch nie öffentlich präsentierten Zeichnungen legt nahe, dass diese als bildnerische Ergebnisse ihrer wissenschaftlichen Forschungen auf pantheistischer Grundlage zu deuten sind.

Bis 
25.10.2020

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