Gabriela Löffel, Luc Matten- berger, Luca Harlacher

Gabriela Löffel · 5.752.414.468, 2020/21, Video-Still, Drei-Kanal-Videoinstallation

Gabriela Löffel · 5.752.414.468, 2020/21, Video-Still, Drei-Kanal-Videoinstallation

Luc Mattenberger · You Look Like I Feel, 2022, Ausstellungsansicht Vebikus Kunsthalle

Luc Mattenberger · You Look Like I Feel, 2022, Ausstellungsansicht Vebikus Kunsthalle

Hinweis

Gabriela Löffel, Luc Matten- berger, Luca Harlacher

Schaffhausen — In drei parallelen Ausstellungen zeigt die Kunsthalle Vebikus drei sehr unterschiedliche Positionen. Obschon explizit keine thematische Vorlage beansprucht wird, lassen sich Verbindungen herstellen. So schafft beispielsweise jeder Raum eine spezifische Wahrnehmung der Zeit. Im schaufensterartigen Parterre begrüsst uns Luca Harlacher mit einer Assemblage aus Plastikspielzeug, Staubwedeln und Baumaterialien. ‹erstens: Frag den Schmetterling› könnte als Aufforderung verstanden werden, dem kapitalistischen Konsum mit spielerischer Fantasie zu begegnen. Paradoxerweise affirmiert das eine neoliberale Haltung, in der Arbeit und Freizeit sich in einer ununterbrochenen Gegenwart der Reizüberflutung vermischen.
Im Kontrast dazu wirkt der von Luc Mattenberger bespielte Raum im Obergeschoss ruhig und aseptisch. Wie in einem Operationssaal befindet sich hinter einer an Metallstangen aufgehängten violetten Steppdecke eine Apparatur. Über einem Metallgitter ergiesst sich eine Flüssigkeit aus einer Glassäule, hell beleuchtet von einer Neonröhre. Ein ähnlicher Hybrid zwischen Maschine und Skulptur steht mitten im Raum: Das Gitter eines Lüftungsschachtes wird gehalten von beigefarbenen Geländern. Darauf steht ein Zylinder aus Plexiglas, der mit einer Schicht zusammengepressten Grünzeugs und einer Atemmaske wie ein dysfunktionales Beatmungsgerät wirkt. Bei längerer Betrachtung scheinen diese und weitere «Maschinen» ein beunruhigendes, posthumanes Eigenleben entwickelt zu haben. Elemente, die einst als Stützen dienten, erinnern nun an die Verletzlichkeit des menschlichen Körpers, dem sie ihren Dienst verwehren.
Die Drei-Kanal-Videoinstallation ‹5.752.414.468› von Gabriela Löffel schliesslich nimmt einen Rechtsstreit zwischen dem Energieunternehmen Vattenfall und der Bundesrepublik Deutschland als Vorlage, um der Brisanz medialer Vermittlung von ethisch komplexen Themen nachzuspüren. In einem Casting werden Szenen der sich über zehn Tage erstreckten ersten Anhörung des Prozesses nachgespielt. Dabei überschneiden sich Originalton und Skript, wodurch die im Zeichen der Transparenz gestreamte Verhandlung sich mehr und mehr als mediale Inszenierung zu erkennen gibt. Die titelgebende Zahl, welche die ursprüngliche Summe in Euro anzeigt, die als Schadensersatz für die Planung eines vorzeitigen Ausstiegs aus der Atomenergie verlangt wurde, ist Teil einer kafkaesken Realsatire bürokratischer Beflissenheit. 

Bis 
09.10.2022

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