Monica Bonvicini und Tom Burr

Tom Burr · Light Cavalry, 2008, Sperrholz, Aluminium, gefärbte Fahne, Stuhl, 203.2 x 162.6 x 182.9 cm. Courtesy Galerie Neu

Tom Burr · Light Cavalry, 2008, Sperrholz, Aluminium, gefärbte Fahne, Stuhl, 203.2 x 162.6 x 182.9 cm. Courtesy Galerie Neu

Monika Bonvicini · Untitled (Leather Tool), 2009, Kleine Axt, Leder, Schnur, 2.8 x 32 x 15.2 cm. Courtesy Grieder Contemporary © ProLitteris, Zürich

Monika Bonvicini · Untitled (Leather Tool), 2009, Kleine Axt, Leder, Schnur, 2.8 x 32 x 15.2 cm. Courtesy Grieder Contemporary © ProLitteris, Zürich

Besprechung

Gut denkbar, dass Monica Bonvicini und Tom Burr aufgrund einer Kontaktanzeige zu der Doppelausstellung im Museum für Gegenwartskunst zusammen gefunden hätten, ist doch die Trefferquote der übereinstimmenden Vorlieben und ästhetischen Erscheinungsformen beachtlich.

Monica Bonvicini und Tom Burr

Beide beherrschen den zielsicheren und subversiven Auftritt auf der Bühne der Postmoderne. Ideenstiftender Zuschauer und gemeinsamer Freund ist die Architektur, deren suggestiver Einfluss auf die individuelle Ichbildung in ständiger Befragung zerlegt wird. Nicht zu übersehen ist auch ein je nach Temperament obsessives oder destruktives Faible für glatte Oberflächen, das kühle Schimmern von Metall und den Glanz von Lack. Eine Schwäche für visuelle Reize und Lust auf den Bruch mit der Harmonie. Die Freude am Spiel mit Zitaten. Tom Burr (*1963) agiert wie ein Regisseur, der seine Akteure dirigiert. Mit der Kunst- und Kulturgeschichte der vergangenen sechzig Jahre verfährt er wie mit einem Urtext, den er in seinem Skript neu ordnet und mit dem er provoziert: Etwa indem er in «Worn (For Mr Capote)», 2005, die der Minimal Art nachgesagte Theatralität offen ausspielt und seine spiegelglatten, geknickten Bodenplatten mit den Requisiten einer imaginären Inszenierung bestückt. Robert Morris' «Felt pieces» finden ein Nachleben in den wie an die Wand einer Folterkammer geketteten Lederklamotten, die in «Put Down II», 2003, durch Materialität und Zuschnitt den Begriff des Designs demontieren und Funktion versprechen.
Monica Bonvicini (*1965) ihrerseits arbeitet gekonnt mit Bühnenbildern und architektonischen Versatzstücken. Wie eine Kulisse für verschiedene Inszenierungen von Ausgrenzung wirkt «Turnings Walls», 2003, eine drehbühnenartige Konstruktion aus Gusseisen, Buschwerk oder Bretterzaun, ein Materialkanon diverser Einzäunungen. Alltägliche Dinge, denen man ihr mehrdeutiges Potenzial gar nicht zutraut, verlieren unter ihrem Zugriff ihre Unschuld. In glänzendes Leder eingeschlagen und straff vernäht, sprengt die fetischhaft konnotierte Symbolkraft verschiedener Werkzeuge, etwa eines gewöhnlichen Hammers in «Untitled (Leather Tool)», 2009, alle Nähte der festen Zuschreibung. Verdichten und Zuspitzen prägt auch die Poetik von «2 Tonnen Alte Nationalgalerie», einem Schutthaufen aus den zusammengefegten Überresten eines Angriffs auf die im Titel angeführte Fassade. Während die Trümmer faktisch nichts anderes behaupten, als liegen gelassen zu sein, überträgt sich die Aura des altehrwürdigen Baus in der Art einer Berührungsreliquie auf das Geröll. Ganz nahe beieinander zeigen sich die Gegensätze zwischen den künstlerischen Positionen deutlicher noch als die Gemeinsamkeiten - eine viel versprechende Liaison.

Bis 
02.01.2010

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