Oliver Krähenbühl bei Lutz & Thalmann
Seit seinen Anfängen bewegt sich der Winterthurer Künstler Oliver Krähenbühl auf der Gratwanderung zwischen gegenständlicher und abstrakter Malerei. Nun ist ihm in den neuen, seit einem Jahr entstandenen Ölbildern und Filzstiftzeichnungen eine konzentrierte Synthese der letzten 15 Schaffensjahre gelungen.
Oliver Krähenbühl bei Lutz & Thalmann
Der Raum der Galerie Lutz & Thalmann ist erfüllt von weisslichem Licht, leuchtend-luftigen Zonen und schwebenden Farbräumen. Diese atmosphärische Wirkung geht von den neuen grossformatigen Gemälden des Baslers Oliver Krähenbühl (*1963) aus. Kompositionell sind sie in einem Schwebezustand gehalten und oszillieren zwischen abstrakt-zeichnerischen Gesten und figurativen Elementen. Die Motive sind nicht immer leicht auszumachen, vielmehr lassen sich formale Reminiszenzen wie ein Haus hinter einem Gartenzaun, Passanten, eine Strassenszene in einem asiatischen Dorf oder eine Dorfkirche eruieren, die da und dort zwischen amorphen Farbflächen und parallel gesetzten -streifen auftauchen. Jedenfalls würde man kaum vermuten, dass die Motive auf Pressebilder zurückgehen, deren Inhalte in der malerischen Umsetzung weitgehend beseitigt werden. Denn indem das Sujet zunächst mit Filzstift gezeichnet, dann auf die Leinwand überdimensional vergrössert übertragen wird, erfährt es einen Abstraktionsprozess. Doch wie um das figurative Strandgut vor der endgültigen Auflösung in der Abstraktion zu bewahren, verleiht Krähenbühl den Werken narrative Bildtitel, wie beispielsweise «Follow me», «Ausgebrannt», «Rocky», «chinesischer Garten».
Die Gemälde erhalten ein Gerüst aus horizontalen und vertikalen, kraftvoll gesetzten, parallel angeordneten Strichen in den vorherrschenden Farben Rot, Orange, Blau und Grün. Ihre Anordnung geht zurück auf die frühere Arbeitsweise mit Rasterstrukturen, etwa in der Serie «Space and Between», 2002-2006, und den Kohlezeichnungen aus den Serien: «American Suite» und «Schweizer Blätter», 2002/2003. Der Eindruck des verströmenden Lichts wird von Leerstellen, entweder von weiss grundierter Leinwand oder von ausgewaschenen Stellen erzeugt. In Analogie mit den Überbelichtungen der digitalen Fotografie sind die Leerstellen mit der übrigen Komposition verzahnt, wie übrigens alle Malschichten. Mit ihnen wird eine Räumlichkeit erzeugt, die teilweise wieder in Frage gestellt wird. In früheren Werkzyklen wie etwa «Sedimente der Gegenwart», 2004-2005, fand sich die Räumlichkeit nicht derart akzentuiert. Krähenbühl untersucht auch immer, welche minimalen Grundinformationen notwendig sind, um die Lesbarkeit eines Bildes zu gewährleisten, respektive eine Geschichte anzudeuten. Oliver Krähenbühl spricht von einer «Choreographie», die ihm dazu dient, das Phänomen der Erinnerung auszuloten. In den verschiedenen Farbschichten tauchen gleichsam durch die Erinnerung gefärbte, vergangene Erlebnisse auf, wobei die Leerstellen für Ausgeblendetes und Verdrängtes stehen und gleichzeitig einen Freiraum für Assoziationen öffnen.
Dominique von Burg |
Oliver Krähenbühl |