Christoph Hänsli — Die Konferenz der Dinge

Christoph Hänsli · Der Kongress, 1999, Eitempera und Acryl auf Leinwand, 160 x 130 cm © ProLitteris. Foto: Heinz Unger

Christoph Hänsli · Der Kongress, 1999, Eitempera und Acryl auf Leinwand, 160 x 130 cm © ProLitteris. Foto: Heinz Unger

Besprechung

Die Bilder von Christoph Hänsli sind menschenleer und ­wirken beinahe postapokalyptisch. Doch wie die fein austarierte Überblicksausstellung zeigt, liegt noch viel mehr hinter der ­lakonisch dargestellten Dingwelt: ein Ringen um ihre Essenz, ihre Wahrnehmung und die Erkenntnis der Welt.

Christoph Hänsli — Die Konferenz der Dinge

Basel — Die Werke des Malers und Konzeptkünstlers Christoph Hänsli (*1963, Zürich) sind durchdrungen von Verweisen auf die Welt, in der er lebt. Er adelt Alltagsobjekte, indem er Schrauben, Lichtschalter, Haushaltgeräte, Kommoden, Wandschränke und gestapelte Archivschachteln in sachlicher, unzeitgemässer Manier malt. Seine Bilder sind menschenleer. Doch sprechen die meist im Massstab 1:1 festgehaltenen und neutral beleuchteten Gegenstände von Spuren menschlicher Anwesenheit.
So evoziert das Setting von fünf alten Hoover-Staubsaugern in ‹Der Kongress›, 1999, nicht nur Sauberkeit und Ordnung, sondern auch Erinnerungen an ­familiäre Häuslichkeit. Von Ordnung und Überblick künden auch weisse Post-it-Zettel, auf ­einer Weltkarte als Schreibunterlage klebend, mit Telefonnummern oder Notizen wie: «Taschentücher, Teller, Neoangin»; oder «Friedhof! Thomas, Alice». Hier wird deutlich: Hänslis Arbeiten drehen sich auch um die Sprache, kommuniziert er doch bildhaft mit detaillierten Aufzählungen, Listen, Merksätzen und Wegweisern oder dem Aushang einer vermissten Katze. In Kontrast dazu suggerieren Stapel von alten Koffern in ‹9 Koffer›, 2001/02, Aufbruch und Abschied. Auf die finale Transformation verweist das Bild ‹Auf/Zu›, 2012, das eine grüne Türe mit zwei kleinen, schwarzen Druckschaltern zeigt. Auf dem oberen Druckschalter steht «Türe auf» und ein toter Körper wird in den Krematoriumsofen hineingeschoben, nach dem Ausblinken des unteren «Türe zu»-Schalters bleibt ein Häufchen Asche übrig. Zwischen diesen Polen von Abwesenheit, Ordnung, Erinnerung und Vergänglichkeit entfaltet sich das Werk von Christoph Hänsli. Getragen von einem feinen Humor und Hintersinn, spürt der Künstler diesen Phänomenen nach. Dabei leitet ihn auch schlicht seine Passion für die Malerei.
Die Kuratorin Franziska Stern-Preisig und der Künstler wählten die medial sehr unterschiedlichen Arbeiten für die Ausstellung in der ehemaligen Basler ­Bürgervilla gemeinsam aus. Im Vordergrund stand das Zusammenspiel der Werke untereinander wie auch ihr Bezug zu den historisch aufgeladenen Räumlichkeiten. Hänslis konzeptueller Ansatz, seine serielle Arbeitsweise und die Motive aus seinem engsten Umfeld weisen darauf hin, dass seine Malerei vom Versuch getrieben wird, sich der eigenen Existenz zu vergewissern. Gerade durch die nüchterne Darstellung der Motive wirkt deren Oberfläche undurchdringlich und lenkt dennoch den Blick auf eine mögliche, sich dahinter verbergende Essenz. 

Bis 
13.12.2020

→ ‹Christoph Hänsli – Die Konferenz der Dinge›, Villa Renata, Basel, bis 13.12.; mit Publikation, hrsg. Franziska Stern-Preisig, Scheidegger & Spiess, Zürich, 2020 ↗ www.villa-renata.ch

Ausstellungen/Newsticker Datum Typ Ort Land
Die Konferenz der Dinge 24.10.202013.12.2020 Ausstellung Basel
Schweiz
CH

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