Alfred Kubin

Alfred Kubin · Der Mensch, um 1902, Tusche, Aquarell, Spritztechnik auf Katasterpapier, 38,5 x 31,4 cm. Leopold Museum, Wien
©ProLitteris

Alfred Kubin · Der Mensch, um 1902, Tusche, Aquarell, Spritztechnik auf Katasterpapier, 38,5 x 31,4 cm. Leopold Museum, Wien
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Alfred Kubin · Die Scharfrichter und Delinquent, um 1918, Tusche, Feder auf Papier, 36 x 26,6 cm, Leopold Museum, Wien, ©ProLitteris

Alfred Kubin · Die Scharfrichter und Delinquent, um 1918, Tusche, Feder auf Papier, 36 x 26,6 cm, Leopold Museum, Wien, ©ProLitteris

Hinweis

Alfred Kubin

‹Die andere Seite›, 1909 erstmals erschienen mit Zeichnungen des Autors, der einzige Roman des Österreichers Alfred Kubins (1877-1959), war seiner Zeit weit voraus als Schlüsselwerk eines erst in Ansätzen erkennbaren Surrealismus. Der Roman blickt in eine phantastische Welt voller bedrückender Alpträume, Untergangsvisionen und Ausgeburten einer schwärzesten Vorstellungskraft. Das Buch verweist auf Kafka, beeinflusst nebst Kasak oder Meyrink auch manche Autoren der österreichischen Zwischenkriegszeit und wird als fester Bestand der europäischen Literatur in zahlreiche Sprachen übersetzt. Im Untergeschoss des Kunsthauses füllen die Ausgaben des Romans gegenwärtig einen ganzen grossen Tisch. Das Haus widmet seine Ausstellung schwergewichtig allerdings nicht der Literatur Kubins, sondern seinem zeichnerischen Schaffen, dem sich der in Nordböhmen geborene Künstler von 1900 bis kurz vor seinem Tod in Oberösterreich hingab, und in dem er in subtilster und oft virtuos gehandhabter miniaturhafter Technik dunkle Schreckensvisionen aller Art protokollierte. Es sind schwer zu deutende Illustrationen zu nichtgeschrieben Geschichten, mit präziser Detailfreude geschilderte Einsichten in ausweglose Absurditäten des Lebens und Aussichten auf einen unausweichlichen Tod. Obwohl Kubin Zeit seines Lebens eher Einzelgänger war, ergeben sich von seinem zeichnerischen Werk zahlreiche Verbindungen in die Zeit um 1900 - zu Freud und zur beginnenden Psychoanalyse, zu Max Klinger, zu James Ensor, zu Kokoschka, zu Künstlern des Blauen Reiters, zu Klee, aber auch in die Zukunft bis hin zu Arnulf Rainer oder Günter Brus.
Die Ausstellung ist insofern verdienstvoll, als Kubin in der Schweiz seit Jahrzehnten nicht in grösserem Umfang zu begegnen war. Die vielen Blätter Kubins stammen mehrheitlich aus der Wiener Sammlung Leopold. Ergänzt werden sie von Illustrationen, die Kubin zu Flaubert, Dostojewski, E.A. Poe und vielen anderen schuf. Dazu kommen mancherlei Werke aus dem Wien der Jahrhundertwende aus der Stiftung Sammlung Kamm sowie von Schweizer Kunst aus der hauseigenen Sammlung, die man in die Nähe zu Kubin rücken kann - von Max von Moos, Kurz Seligmann bis zu Miriam Cahn oder Annelies Strba. Frappant sind die Parallelen zwischen Kubin und dem Luzerner Karl F. Schobinger (1877-1951): Schobinger schuf - wohl ohne Kenntnis von Kubin - in einsamen Nächten eine grosse Anzahl schwarzer Miniaturzeichnungen mit abgründigen Schreckensvisionen, die wie Paraphrasen zu Kubin anmuten.

Bis 
09.03.2013

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