Andrea Gysling und Elisabeth Eberle - Botanigramme

Elisabeth Eberle · Noli me Tangere, 2013, Holz und Graphit, Ausstellungsansicht. Foto: Robert Schär

Elisabeth Eberle · Noli me Tangere, 2013, Holz und Graphit, Ausstellungsansicht. Foto: Robert Schär

Andrea Gysling · Latex-Skulpturen, ca. 1970/80, Ausstellungsansicht. Foto: Robert Schär

Andrea Gysling · Latex-Skulpturen, ca. 1970/80, Ausstellungsansicht. Foto: Robert Schär

Besprechung

Zur Klosteranlage Schönthal aus dem 12. Jahrhundert, die in die idyllische Juralandschaft eingebettet ist, gehört ein Skulpturenpark und ein Ausstellungsraum. Dieser bietet die Kulisse für die Arbeiten von zwei relativ unbekannten Künstlerinnen, die sich auf konträre Art mit Natur beschäftigen.

Andrea Gysling und Elisabeth Eberle - Botanigramme

Seit dem Jahr 2000 ist rund um das Kloster, dessen Kirche als Prunkstück romanischer Architektur gilt, ein einzigartiger Skulpturenpark mit 31 Werken von etwa zwanzig internationalen und Schweizer Künstler/innen entstanden, die sich mit dem Ort und der umgebenden Natur auseinandergesetzt haben.
Auf die Spuren der hier so präsenten Naturkräfte stösst man auch in den Werken der beiden Schweizerinnen Andrea Gysling (*1949) und Elisabeth Eberle (*1963). So erkennen wir auf einer grossformatigen Tuschezeichnung von Gysling, hoch oben im Kirchenraum, Ikarus, der im Sturzflug zur Erde fliegt. In anderen Zeichnungen kollidieren Teile von antiquierten Automobilen, Dampfmaschinen, Starkstrommasten oder von Fördertürmen mit Organischem. Immer wieder trifft man auf Käfer, die in Maschinenteilen gefangen sind und an Franz Kafkas Gregor Samsa erinnern. Fasziniert vom Kampf zwischen dem Organischen und dem Artifiziellen wie auch von dunklen Mächten lässt die ehemalige Psychoanalytikerin menschliche Teile, Pflanzen und Insekten mit fühllosen, technoiden Strukturen zusammenprallen. Formal spiegelt sie den Konflikt, indem sie technoide Gebilde mit schwarzer Tusche präzise auf Japanpapier zeichnet, während sie sich die Welt des Organischen mit in Tusche getauchten Büscheln von Blüten, Gräsern und Kräutern aufs Papier holt.
Dagegen führen uns die computergenerierten Plotterzeichnungen von Elisabeth Eberle, einer ehemaligen Pharmazeutin, die Wunder und Geheimnisse der Natur vor Augen. So der Magnolienfrucht, in deren walzenförmigem Fruchtstand die Essenz des Lebens schlummert und die bei langer Lagerung skelettartige Formen annimmt. Während sich in andernorts gezeigten, animierten Video-Loops exotische Baumfrüchte in gespenstische Geschwüre verwandeln, wirken die neuen, mittels Rotoscoping aus Gips oder Eiche produzierten und mit Graphitstaub eingeriebenen Magnolien-Skulpturen sehr physisch und muskulös. Die grossformatigen Zeichnungen geben synthetisierte Magnolienfrüchte als vielfältige Metamorphosen oder neuartige Organismen wieder. In der ganzen Bandbreite zwischen Detailtreue und abstrahierteren Formen loten sie die Grenzsphäre zwischen Natürlichem und Künstlichem aus und eröffnen eine faszinierend skurrile Bilderwelt. In der Erforschung dieser Grenzsphäre haben beide Künstlerinnen zu einer völlig eigenständigen und unverwechselbaren Position gefunden.

Bis 
20.04.2014
Ausstellungen/Newsticker Datum Typ Ort Land
Elisabeth Eberle, Andrea Gysling 05.10.201321.04.2014 Ausstellung Langenbruck
Schweiz
CH

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