Mario Cassisa, Annamaria Tosini
Mario Cassisa, Annamaria Tosini
Zürich — Betritt man das im Rahmen der Ausstellung ‹Neverending Stories› nachgebaute Atelier von Mario Cassisa (1929, Palermo – 2008, Trapani) im Musée Visionnaire, ist man überwältigt von opulenten Werken in überbordender Formenvielfalt und berauschender Farbenpracht. Sein Atelier hatte der sizilianische Künstler sinnigerweise als ‹Le labyrinthe de la Mémoire› beschrieben. Die Erinnerungen und die Geschichte Siziliens und anderer antiker Kulturen hatte sich Mario Cassisa als Weltenbummler einverleibt. Am Anfang stand die Ausreise in die USA aus ökonomischen Gründen sowie ein Kunststudium in New York bei Mark Tobey. Danach folgten Reisen in die Sierra Nevada, nach London, Paris, Rom, Mexiko, Yukatan, Kolumbien, Costa Rica, Puerto Rico, bevor er wieder ins sizilianische Trapani zurückkehrte. Seine Faszination für die alten Kulturen Lateinamerikas spürt man in vielen seiner Werke.
Cassisas Gestaltungslust ist scheinbar grenzenlos und schlug sich in einer unendlichen Folge von Bildergeschichten nieder, getränkt von Mythen, Träumen und Fantasien. Seine Zeichnungen liess er schwarz-weiss drucken, schnitt gewisse Motive aus, collagierte sie und übermalte sie anschliessend wieder, sodass sie Teil der Malerei wurden. Die Werke fasste der Künstler in den handgefertigten ‹Libri d’Artista› zu einer visuellen Einheit zusammen. Essenz seines Werkes bildet das mit einem Holzschuber versehene ‹Biblio Quadro›, dessen kaleidoskopische Bildgeschichten sich in Form von Leporellos entfalten.
Die Malerin Rita Ernst, die seit den 1990er-Jahren wechselweise in Zürich und Trapani wohnt, kuratierte die Ausstellung. Sie ordnete und inventarisierte Mario Cassisas’ Nachlass, was angesichts des überbordenden Atelierhauses nicht einfach war. Obwohl sie eine geometrisch konstruktiv arbeitende Künstlerin ist, fühlte sie sich dem Maler auf Anhieb geistig und seelisch verwandt.
Von Opulenz, Material- und Formenvielfalt leben auch die Werke der Sizilianerin Annamaria Tosini (1930–2013, Palermo). Sie stammte aus einer wohlhabenden Familie, deren finanziellen Ruin sie psychisch und physisch nicht verkraftete. In einer psychiatrischen Klinik begann sie dann mit allen möglichen Materialien blumige Hüte, Fächer und puppenähnliche Figuren herzustellen. Die Kunst bot ihr Trost in ihrer misslichen Lage und liess ihren angelegten, verlustig gegangenen Paradiesgarten wieder aufleben.
Institutionen | Land | Ort |
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Musée Visionnaire | Schweiz | Zürich |
Ausstellungen/Newsticker | Datum | Typ | Ort | Land | |
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Neverending Stories — Mario Cassisa, Lea Oetken | 21.01.2022 – 07.08.2022 | Ausstellung | Zürich |
Schweiz CH |
Dominique von Burg |
Mario Cassisa |
Annamaria Tosini |