Anne Duk Hee Jordan — Denken in Kreisläufen

Anne Duk Hee Jordan · Brakfesten / La Grande Bouffe, 2022, Ausstellungsansicht HEK, Basel. Foto: Franz Wamhof

Anne Duk Hee Jordan · Brakfesten / La Grande Bouffe, 2022, Ausstellungsansicht HEK, Basel. Foto: Franz Wamhof

Anne Duk Hee Jordan · Clapping Clams, 2018, Ausstellungsansicht HEK, Basel. Foto: Franz Wamhof

Anne Duk Hee Jordan · Clapping Clams, 2018, Ausstellungsansicht HEK, Basel. Foto: Franz Wamhof

Besprechung

Natur, Mensch und Technik: Wie funktioniert das alles zusammen, ohne sich gegenseitig zu zerstören? Anne Duk Hee Jordans Ausstellung im HEK verlässt man mit einer besonderen Faszination für Würmer und einem ambivalenten Blick auf den Einsatz von Technologie.

Anne Duk Hee Jordan — Denken in Kreisläufen

Basel — Ein Teekessel aus Aluminium fährt über den Boden des Ausstellungsraums. Während er seine Kreise zieht, beginnt er zu dampfen und zu klappern. Ein rotes Licht leuchtet aus seinem Inneren. In der asiatischen Philosophie, so erklärt Anne Duk Hee Jordan (*1978, Südkorea), steht der Teekessel für Klima und Wetter: Zunächst noch kalt, beginnt etwas sich zu erwärmen, Dampf bildet sich, Turbulenzen entstehen, und es droht eine Eskalation bis hin zum Sturm mit potenziell verheerenden Folgen.
Jordans Teekessel wird rechtzeitig gestoppt, doch wie sieht es mit der Erderwärmung aus? Die Künstlerin, die eigentlich Meeresbiologin werden wollte, plädiert auf sinnliche und humorvolle Art und Weise dafür, dass wir uns als Teil des Ökosystems verstehen, von dessen Intaktheit auch unser Fortbestehen abhängt. Als ein solch verwobenes Ökosystem präsentiert sich denn auch die Ausstellung im HEK. Die verschiedenen Werke bilden zusammen eine fantastische Gesamtinstallation mit gedämpftem Licht, sich vermischenden Soundquellen, singenden Sägen, klappernden Muscheln, atmenden Ballonen, aufgeblasenen Tiefseewürmern aus Gummi, vertrockneten Gräsern und mehreren Videoarbeiten, unter denen zwei besonders hervorstechen: Die Arbeit ‹The Worm: Terrestrial, Fantastic and Wet›, 2022, zeigt Makroaufnahmen verschiedener Würmer, von eigens dafür komponierter Musik unterlegt. Man kommt nicht umhin, sie nicht nur äusserst faszinierend, sondern auch unterhaltsam und putzig zu finden. Die andere, an den gleichnamigen Spielfilm angelehnte Videoarbeit ‹Brakfesten / La Grande Bouffe›, 2022, zeigt die Natur hingegen in aller Brutalität, mit Parasiten, die sich anderer Lebewesen bemächtigen, mit überbordenden Leichenschmäusen von Fliegen auf Aas, alles überwuchernden Schimmelpilzen und Massen von kopulierenden Insekten. Die Natur ist eben nicht nur Wohlfühllandschaft, sondern auch eine wahre Orgie aus Sterben, Verwerten und Neubeginn.
Das Denken in Kreisläufen ist denn auch eines der Hauptanliegen der Künstlerin. Der Kreislauf funktioniert aber nur, wenn wir unsere Verantwortung darin wahrnehmen. Dies machen unter anderem die krabbenförmigen Roboter deutlich, die in der Ausstellung verstreuten Abfall und leere Getränkedosen einsammeln. Sie funktionieren eher leidlich, der Effekt ist gering. Anstatt nur die Symptome zu bekämpfen, so ihre Botschaft, sollte besser die Ursache des gestörten Kreislaufs angegangen werden – der Teekessel dampft bereits bedrohlich. 

Bis 
19.03.2023

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