Gabriele Garavaglia — Heimsuchung

Gabriele Garavaglia · Hell Door, 2023, Holz, Stahl, Lack, 250 x 180 cm, Ausstellungsansicht Museum im Bellpark Kriens. Foto: Martin Stollenwerk

Gabriele Garavaglia · Hell Door, 2023, Holz, Stahl, Lack, 250 x 180 cm, Ausstellungsansicht Museum im Bellpark Kriens. Foto: Martin Stollenwerk

Gabriele Garavaglia · 14 maison à problème …, 2023, 4-Kanal-Video, 3’44’’, Ton, 3’09’’, Leinwand, Laut­sprecher, Masse variabel, Ausstellungsansicht Museum im Bellpark Kriens. Foto: Martin Stollenwerk

Gabriele Garavaglia · 14 maison à problème …, 2023, 4-Kanal-Video, 3’44’’, Ton, 3’09’’, Leinwand, Laut­sprecher, Masse variabel, Ausstellungsansicht Museum im Bellpark Kriens. Foto: Martin Stollenwerk

Besprechung

Nach der Gruppenausstellung von 2019 stellt das Museum im Bellpark Kriens Gabriele Garavaglia seine Räume für dessen erste institutionelle Einzelausstellung in der Schweiz zur Verfügung. Eine «Hauntologie» des Raums, die am Paradigma des Lifts das Unheimliche als Wesenskern des Alltäglichen entlarvt.

Gabriele Garavaglia — Heimsuchung

Kriens — Heimsuchungen finden statt, wenn ein Ort zum Schauplatz der Begegnung mit der gebrochenen Zeit wird. Etwa, wenn die unzeitgemässe Villa im Bellpark auf die zeitgenössische Kunst von Gabriele Garavaglia (*1981) trifft und im Museumslift Raum und Zeit, aber auch Identitäten auseinanderfallen.
Im Erdgeschoss des «Haunted House» wartet man vor der Arbeit ‹Hell Door›, 2023, die aussieht wie eine schwarz glänzend lackierte Lifttüre. Wo sonst als in der geschlossenen Gesellschaft des Fahrstuhls offenbart sich die Hölle wahrhaftig in den Anderen? Das Objekt selbst erinnert sowohl an Rodins Höllentor als auch an die schwarzen Monolithe von John McCracken. Doch anders als im Minimalismus gilt hier nicht Frank Stellas «What you see is what you see». Das hybride Objekt von Garavaglia, der neben Bildender Kunst auch Architektur studierte und 2019 den Swiss Art Award erhielt, oszilliert zwischen Skulptur und Malerei, Kunst und Design, Realem und Artifiziellem, Form und Funktion. Dieser unaufhebbare Rest des Nicht-Identischen triggert auch bei fast menschlichen Objekten wie Masken, Puppen, computeranimierten Figuren oder humanoiden Robotern das «Uncanny Valley».
Unheimlich strömt aus dem Untergeschoss, dem Reich der (Un-)Toten, der Song ‹Gift› von Rammstein, Teil der Installation ‹14 maison à problème …›, 2023, zu dem auch ein Film in Kollaboration mit der Künstlerin Miriam Laura Leonardi gehört. Ein Mix aus Found-Footage- und japanischem Horrorfilm mit Animegao-Kigurumi-Cosplay, einem «Kostümspiel» also, bei dem Menschen überlebensgrosse Manga-Masken tragen. Eine Reverenz sowohl auf die japanische Pop-Kultur, mit der Garavaglia aufgewachsen ist, als auch auf die Krienser Masken, die im 2. Obergeschoss dauerhaft ausgestellt sind und derzeit in der Fasnacht ihr Unwesen treiben.
Im Dunkeln flackert das Deckenlicht des Museumslifts. ‹When Light Flashes Help Is on the Way›, 2023, ist zugleich Kunstobjekt und funktionstüchtiger Lift. Wer Suspense mag, fährt damit ins 1. Obergeschoss. Dort evoziert Garavaglia mit seinen «Lifttüren» und anderen Objekten unterschiedliche Stimmungen, Atmosphären, die eine je eigene imaginäre Welt eröffnen, diesseits der Türen aber real verschlossen bleiben. Mit seiner ortsspezifischen Ausstellung gelingt es Garavaglia, den Lift als Ort und Metapher des Oszillierens des Alltäglichen und Unheimlichen, des Normalen und Pathologischen, der Konformität und Kontingenz sowie der Ordnung und Verwandlung zu inszenieren. 

Bis 
16.04.2023
Ausstellungen/Newsticker Datum Typ Ort Land
Gabriele Garavaglia 14.01.202316.04.2023 Ausstellung Kriens
Schweiz
CH
Künstler/innen
Gabriele Garavaglia
Autor/innen
Michel Rebosura

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