Michel Majerus im Kunsthaus

Michel Majerus · Installationen 92-02, Kunsthaus Graz, Installationsansicht, Copyright: Landesmuseum Joanneum, Nicolas Lackner.

Michel Majerus · Installationen 92-02, Kunsthaus Graz, Installationsansicht, Copyright: Landesmuseum Joanneum, Nicolas Lackner.

Besprechung

Im November 2002 kam Michel Majerus im Alter von fünfunddreissig Jahren bei einem Flugzeugunglück ums Leben. Peter Pakesch, der vor fast genau neun Jahren Majerus' erste grosse Einzelausstellung in der Kunsthalle Basel einrichtete, zeigt nun im Kunsthaus Graz eine grosse Retrospektive seiner Installationen.

Michel Majerus im Kunsthaus

Gleich vorab: Diese Ausstellung entspricht beileibe nicht dem, was man sich gemeinhin unter einer Ausstellung vorstellt, denn genau genommen ist diese Retrospektive eine Ausstellung mehrerer Ausstellungen. Das Ergebnis ist in vielerlei Hinsicht beeindruckend - insbesondere deshalb, weil diese Werkschau wie kaum eine andere das Prädikat «werktreu» verdient. Die aufwändigen Installationen Michel Majerus' sind darin nicht bloss ungefähr, sondern mit präziser Sorgfalt rekonstruiert; sie wurden nicht einfach nur an einen anderen, fremden Ort verpflanzt, sondern bekommen exakt das räumliche Zuhause, für das sie ursprünglich konzipiert waren; nicht zuletzt werden diese Installationen nicht chronologisch aufgefädelt, sondern in ein raumzeitliches Gefüge eingebunden, das die Erinnerung, die so eine Retrospektive zwangsläufig durchdringt, immer wieder im Hier und Heute ankommen lässt.

Dazu gehört der erste grosse Auftritt der riesigen Malereien, mit denen Michel Majerus 1996 den Oberlichtsaal der Kunsthalle Basel komplett vereinnahmte. Im Space 1 des Grazer Kunsthauses reicht die mehrteilige Leinwandarbeit «Katze» nun bis zur konkav geschwungenen Decke, überwältigt schwankt man über eine Bühne aus Metallplanken, vorbei an Majerus' «Einschiffung» bis zu dem kaum weniger monumentalen Bild «GLOBOL SPEX groopie de luxe». Direkt dahinter steigt man durch die imaginären Räume der Kölner Galerie Monika Sprüth, wo Majerus im Herbst 2000 seinen künstlerischen Wahlspruch auf einem Aluminiumbild festhielt: «demand the best. don?t accept excuses.»

Die Ausstellungsarchitektur führt den Betrachter durch Majerus' Beitrag für die Schau «Colour me blind!», 1999, und an einem Raster unbetitelter Leinwände entlang, in denen der Künstler fortlaufend alle erdenklichen malerischen und kulturellen Codes durchdeklinierte. Bis man schliesslich durch die Hintertür auf einem glatten Asphaltboden wieder zum Stehen kommt, den Majerus für seine erste Einzelausstellung bei neugerriemschneider, 1994, einziehen liess. An den Wänden des exakt nachgebauten Galerieraumes bringt er noch einmal die postmoderne Vision seines triadischen Balletts zum Tanzen: Pop, Kunst und Lebenswelt - gleichberechtigte Partner, immer in Bewegung und sobald einer der drei die Führung übernommen zu haben scheint, treten ihm die anderen schon auf die Füsse.

Auf diese Weise wusste Michel Majerus wie kaum ein anderer Künstler seiner Generation nicht nur die Fachwelt, sondern auch seine eigene Arbeit regelmässig aus dem Tritt zu bringen. Und zwar immer dann, wenn man meinte, ihn endlich begriffen zu haben. Dann schlug er einen Salto rückwärts, wie ein sehniges Springteufelchen, grinste hintergründig und zog einem flugs den Boden unter den Füssen weg. Und genau so scheint Majerus in Graz allgegenwärtig zu sein: Flink fegt er zwischen seinen Malereien und Installationen hindurch, vorwitzig lugt er hinter den Wänden hervor oder verfolgt zufrieden das bunte Treiben aus einem der Bullaugen des Kunsthauses, das den raumgreifenden Malereien ein kongeniales architektonisches Ambiente bietet.

Bis 
15.05.2005
Autor/innen
Ralf Christofori
Künstler/innen
Michel Majerus

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