Olaf Breuning bei Nicola von Senger

Olaf Breuning · Home, 2003, Installationsansicht, Galerie Nicola von Senger

Olaf Breuning · Home, 2003, Installationsansicht, Galerie Nicola von Senger

Besprechung

In der neuen 32-minütigen Videoprojektion von Olaf Breuning fährt man Achterbahn durch die synthetische Welt eines ewigen, etwas heimatlosen Adoleszenten.

Olaf Breuning bei Nicola von Senger

In einer schwarz-weiss Projektion sieht man einen jungen, verkifften Mann, der ein schmuddliges T-Shirt trägt, in einem geschmacklosen Hotelzimmer umhergeistern. Dabei plaudert er - mit Blick auf den Betrachter - zusammenhangslos von seinen Reisen und jener seiner Freunde. In Episoden erscheint das Erzählte in der zweiten farbigen Projektionsfläche. So ein Aufenthalt in Las Vegas, wo sich der Protagonist eine Dirne ins Zimmer des Venetian Hotels bestellt. Dann sieht man ihn als Obdachlosen mit seinen Pennerkumpanen saufend und grölend umherziehen, dann als Tourist auf dem Machu Picchu, wo er in der festlich-traditionellen Aufmache eines Einheimischen herumtollt und sich der Lächerlichkeit preisgibt. In einer andern Szene irrlichtert eine Prozession von gruftigen Gespenstern im unverkennbaren Breuningschen Outfit vorbei. Am Anfang und am Ende der Projektion erzählt der Protagonist von einem Traum, in dem er sich in einen Zombie verwandelt sah. Der Zombie als Breunings Alter Ego? Untermalt werden die Projektionen von einem elektronisch-experimentellen Sound, den Breuning selbst komponiert hat. Die Musik ist Compu-ter-gefertigt, von Rock-Elementen durchsetzt, mal leichtsinnig-fröhlich, mal trist-aggressiv.

Wie der Titel der Videoinstallation «Home», 2003/04, nahe legt, drehen sich die einzelnen Sequenzen um das Thema Heimatgefühl, respektive Heimatlosigkeit. Von der lange bewährten, überaus erfolgreichen Mixtur aus Vampirismus, Karikatur und New-Age-Süffigkeit, welche von einem werbeästhetischen Zuckerguss überzogen ist, hat Olaf Breuning hier punktuell Abstand genommen. Vielleicht auch wegen den zum Teil heftigen Kritiken an seiner Ausstellung «Apes» im Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen, 2001. Schon das Motiv des Hotelzimmers in der neuen Arbeit mit seinem Verschnitt aus überladenem Jugendstil-Kitsch, pseudoviktorianischen Möbeln und einem höhlenähnlichen Cheminée verweist auf einen Ort des Nirgendwo. Ebenso das Venetian Hotel in Las Vegas, das mit dem unerträglichen Firlefanz eines Disney-Venedig überfrachtet ist; eine Stillosigkeit, die dank Globalisierung überall verfügbar ist. Umgekehrt lässt die Szene auf dem Machu Picchu, den Ort als Projektion der Tourismusindustrie wahrnehmen und den Touristen zum Clown werden. In einer Welt der überall verfügbaren typisierten Bilder, die gleichwertig sind und sich auch beliebig interpretieren lassen, erweist sich so Reisen und sei es auch nur, um eine Heimat zu finden, als sinnloses Unterfangen. Daher ist der Protagonist in diesem öden Hotelzimmer gelandet. Zuweilen wird man trotz der hier aufgeworfenen Sinnfrage den Eindruck nicht los, dass vor allem Spass und die Lust an Bösen-Buben-Streichen den 35-jährigen, gebürtigen Schaffhauser und seine Mitspieler umtreiben, wenn sie etwa einen jungen amischen Bauern nackt ausziehen, ihm eine E.T.-Gummimaske aufsetzen und ihn dann verfolgen, oder sich gegenseitig mit Rasierschaum und Wasser bespritzen und in Cartoon-Masken zu gruftigem Sound singen und teenieartig hin- und herwippen. Hedonismus und Ironisierung als Lebensrezepte in einer Welt, die sich von Utopien verabschiedet hat und sich Sinn im Konsum nur noch erschöpfen kann?

Bis 
29.04.2005

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