«Le Mouvement. Vom Kino zur Kinetik»
Jean Tinguely gilt als der Repräsentant kinetischer Kunst, doch erfunden hat er sie nicht. Wo aber liegen ihre Wurzeln? Die Ausstellung «Vom Kino zur Kinetik» im Museum Jean Tinguely in Basel geht dieser Frage nach und schlägt einen Bogen zu der Zeit, als die Bilder laufen lernten.
«Le Mouvement. Vom Kino zur Kinetik»
Am Beginn steht eine Zeitreise. Man fühlt sich mal eben um ein paar Dezennien der Kunstgeschichte zurückgebeamt. Die ersten drei Räume des Tinguely-Museums füllen bewegliche Bilder, veränderbare Reliefs und kinetische Skulpturen von Künstlern wie Yaacov Agam, Jésus Raphael Soto und Jean Tinguely. Arbeiten, wie sie, über den Daumen gepeilt, wohl in den Fünfzigerjahren aktuell waren. Tatsächlich handelt es sich bei dieser Präsentation um eine Rekonstruktion der legendären Ausstellung «Le Mouvement», die im April des Jahres 1955 in den Räumen der Galerie Denise René in Paris zu sehen war. Aber die Basler Schau reicht zeitlich noch weiter zurück. Ist ihr Thema doch die Frage, wo kinetische Kunst ihren Ausgang nahm. Die Pariser Ausstellung, die seinerzeit so etwas wie ein erstes Resümee bot, dient ihr als Basis, von der aus sich die Fäden weiter in die Vergangenheit zurückziehen lassen.
Und so erleben die Besucher diesen Abschnitt der Ausstellung als reizvolle Durchgangsstation auf einer Zeitreise, deren nächster Halt eine Art Kinosaal mit Stuhlreihen ist. Dort wird ein Zusammenschnitt von Filmen geboten, die seinerzeit im Begleitprogramm der Pariser Ausstellung liefen: Klassiker des abstrakten Experimentalfilms der Zwanzigerjahre sowie jüngere Filmkunst von Oskar Fischinger oder Robert Jacobsen. In der abschliessenden Sektion dieses Parcours flimmern dann Filme von Duchamp, Man Ray und anderen über Fernsehmonitore - in unmittelbarer Nachbarschaft zu Grafiken, Fotogrammen, Skulpturen und frühen kinetischen Plastiken wie Naum Gabos «Kinetic Construction» von 1920.
Man muss sich Zeit nehmen und all diese Exponate auf sich wirken lassen. Denn erst aus ihrem Zusammenspiel fällt Licht auf die Anfänge der Bewegungskunst. Nimmt Alexander Rodtschenkos «Raumkonstruktion No. 14» im räumlichen Nebeneinander das zeitliche Nacheinander kinetischer Kunst bereits vorweg, so erscheint eine flächige «Suprematistische Komposition» von Kasimir Malewitsch in einer grafischen Serie László Moholy-Nagys ins Räumliche gewendet - und setzt sich in Hans Richters Experimentalfilm «Rhythmus 21» schon in Bewegung. In seinen «Méta-Maléwitschs» bezieht sich Tinguely dann explizit auf den Russen.
So macht die Ausstellung durch die blosse Auswahl der Exponate anschaulich, wie sich kinetische Kunst a) aus dem russischen Konstruktivismus und b) aus dem Geiste jener Zeit entwickelte, in der die Bilder laufen lernten.
Institutionen | Land | Ort |
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Museum Tinguely | Schweiz | Basel |
Hans-Dieter Fronz |
Jean Tinguely |