Kelvin Haizel
Kelvin Haizel
Zürich — Eine Serie von Fotografien zeigt in Teilansicht eine sitzende, in einen weissen Mantel gekleidete Figur mit blauen Plastikhandschuhen vor einem monochromen grellgrünen Hintergrund. In den Händen hält sie einen kleinen Hai, manchmal beschützend mit einem bunten Tuch umwickelt. Die Szenen hat der afrikanische Künstler Kelvin Haizel (*1987, Accra, Ghana) und Gewinner der zweiten Ausgabe des diesjährigen Förderpreises ‹A New Gaze 2› für zeitgenössische Fotografie der Bank Vontobel arrangiert. Die Kunstkommission, deren Hauptaugenmerk auf neuen Sichtweisen liegt und auf dem Diskurs zur Rolle der Fotografie in der heutigen Welt, hatte achtzig afrikanische Fotografinnen und Fotografen eingeladen, einen Projektvorschlag zum Thema Identität zu entwickeln. Die Idee von Kelvin Haizel, das kaum bekannte Migrationsdrama zwischen der Insel der unabhängigen Union der Komoren und der Insel Mayotte zu ergründen, überzeugte die Jury. Die Bewohner Mayottes hatten sich bei einer Abstimmung in den Siebzigerjahren für den Verbleib bei der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich entschieden und damit gegen die Einheit des Archipels. Somit ist Mayotte als französisches Übersee-Département seit 2011 ein Teil der EU vor der Ostküste Afrikas. In installativen Arbeiten und inszenierten Fotografien untersucht Kelvin Haizel, wie die Entscheidung für beziehungsweise gegen die Unabhängigkeit das Zusammengehörigkeitsgefühl der Komorer und die einst gemeinsame Identität des Archipels verändert hat, zumal die Komorer in der Hoffnung auf ein besseres Leben regelmässig die gefährliche Überfahrt nach Mayotte in Holzbooten wagen. Während Kelvin Haizels Aufenthalt in der Region macht er Begegnungen mit Einheimischen zum Ausgangspunkt seiner Arbeiten. Während seiner Recherche kam er zur Einsicht, dass die afrikanischen Kunstschaffenden trotz oder wegen der enorm gestiegenen Nachfrage für afrikanische Kunst von einem differenzierten Identitätsdiskurs weit entfernt sind. Angesichts der vielen unterschiedlichen nationalen Identitäten ist Afrika für die meisten eher ein «state of mind». Erst mit dem Aufbrechen des west- und eurozentrierten Blicks kristallisieren sich nun spezifische Themen heraus, mit denen sich Künstler in Afrika und der Diaspora beschäftigen. Neben der Konstruktion von Identität gehört das Verhandeln einer postkolonialen Perspektive dazu und das Zelebrieren eines subversiven widerständigen Humors. Letztlich obliegt es dem Einzelnen, sich einer Identität zu öffnen, die zugleich seiner Kultur und seiner Region verwurzelt und den globalen Zeitfragen gegenüber offen ist.
Institutionen | Land | Ort |
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Vontobel | Schweiz | Zürich |
Ausstellungen/Newsticker | Datum | Typ | Ort | Land | |
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Kelvin Haizel | 08.03.2019 – 05.04.2019 | Ausstellung | Zürich |
Schweiz CH |
Dominique von Burg |
Kelvin Haizel |