Otto Piene — Die Sonne kommt näher

Otto Piene, Die Sonne kommt näher, Exhibition view Museum Haus Konstruktiv, 2020. Foto: Stefan Altenburger © 2020, ProLitteris, Zurich; Otto Piene Estate / Sprüth Magers

Otto Piene, Die Sonne kommt näher, Exhibition view Museum Haus Konstruktiv, 2020. Foto: Stefan Altenburger © 2020, ProLitteris, Zurich; Otto Piene Estate / Sprüth Magers

Otto Piene, Lightroom with Schöllerwand, 1999-2020, Installation view Museum Haus Konstruktiv, 2020 © ProLitteris, Zurich; Otto Piene Estate / Sprüth Magers. Foto: Stefan Altenburger 

Otto Piene, Lightroom with Schöllerwand, 1999-2020, Installation view Museum Haus Konstruktiv, 2020 © ProLitteris, Zurich; Otto Piene Estate / Sprüth Magers. Foto: Stefan Altenburger 

Besprechung

Licht, Luft, Feuer, Rauch sind die Elemente, mit denen der deutsche Multimedia-Künstler Otto Piene experimentierte und visio­näre Himmelsskulpturen entwickelte. Mit der Künstlergruppe ZERO läutete er die Stunde null der Kunst ein und eroberte mit spektakulären Lichtskulpturen die Himmelssphären.

Otto Piene — Die Sonne kommt näher

Zürich — Gigantische, atmende Sterne in Rot, Orange, Gelb, Grün, Indigo und Blau empfangen das Publikum in der Eingangshalle. Monumental sind auch die pneumatischen Luftskulpturen und Lichtinstallationen, mit denen sich Otto Piene (1926–2014) in den Sechzigerjahren als Pionier der Sky-Art hervortat. Er entwickelte sie unter idealen Bedingungen ab 1968 am Massachussetts Institute of Technology. Dort amtierte er bis 1994 als Direktor des Center for Advanced Visual Studies. Kurz vor seinem Wechsel hatte Piene die 1957 mit Heinz Mack gegründete Düsseldorfer Künstlergruppe ZERO in einer fulminanten Selbstinszenierung aufgelöst. ZERO wollte bekanntlich die Nachkriegskunst von altem Ballast befreien, antimuseal sein und eine ganz neue, monochrome, dynamische Kunst anstreben, die auf dem Ideal des Lichts und der Bewegung, der Stille und der Leere beruht. Die Ursprünge von Pienes Lichtkunst, die auf seine Kriegserlebnisse zurückzuführen sind, waren allerding schwarz: Schwärzte er doch die Leinwand mit Rauch und beobachtete die Wirkung von Flammen auf Bildoberflächen; so in ‹The Battle of the Amazons› in den 1980er-Jahren. Doch Lichtvolles kündigte sich an, als er begann, Lichträume mit tanzenden Lichtpunkten zu entwickeln. Die Ausstellung im Haus Konstruktiv lässt Pienes Werdegang von den anfänglich expressionistischen Werken über die Rauch- und Feuerbilder bis hin zu den temporären, immateriellen Lichtinstallationen und Luftskulpturen Revue passieren. In ‹Lightroom with Schöllerwand›, 1999–2020, einem faszinierenden Lichtballett, tanzt das Licht nach einer ausgeklügelten Choreografie. Über die Arbeit mit Rastersieben aus Karton oder Kupferblech vermochte Piene das Licht malerisch einzufangen und kosmologische Bezüge herzustellen, worauf sich der Ausstellungstitel bezieht. Die Krönung seines Lebenswerks fand am Abend des 19. Juli 2014 im Rahmen der Ausstellung ‹Otto Piene – More Sky› in der Neuen Nationalgalerie Berlin statt. Auf dem Dach der Nationalgalerie stiegen drei illuminierte, atmende, sternförmige Licht- und Luftskulpturen in den Himmel über Berlin. Leider konnte der Künstler dieses Spektakel wegen eines Herzinfarkts nicht mehr erleben, sodass die Schau zur Retrospektive geriet. Diese populären Sky-Art-Aktionen sind seinen langjährigen interdisziplinären Experimenten und dem «Ertasten des Universums, so, wie es das Licht bietet» zu verdanken. Sie gründen in seinem Glauben, dass Kunst Energie übertragen kann und somit auch ein flüchtiges Werk überdauert.

Bis 
10.05.2020
Ausstellungen/Newsticker Datum Typ Ort Land
OTTO PIENE 06.02.202013.09.2020 Ausstellung Zürich
Schweiz
CH
Autor/innen
Dominique von Burg
Künstler/innen
Otto Piene

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