Walter Swennen — Gespenster töten

Walter Swennen · Untitled (1569–1983), 1983, Öl auf Leinwand, 205 x 137 cm, Privatsammlung © ProLitteris

Walter Swennen · Untitled (1569–1983), 1983, Öl auf Leinwand, 205 x 137 cm, Privatsammlung © ProLitteris

Besprechung

Ungeheuer leicht und verspielt jongliert Walter Swennen mit kunst- und kulturhistorischen Motiven und kombiniert sie zu comicartigen Malereien im Stile des «bad painting». Nun wird sein Werk erstmals in der Schweiz in einer Schau in Kooperation mit Museen in Bonn und Den Haag gezeigt.

Walter Swennen — Gespenster töten

Winterthur — Die facettenreiche Werke von Walter Swennen (*1946, Brüssel) leben von versponnenem Hintersinn. Freundliche Gespenster und Totenschädel treten unerwartet auf. Mit einer Zigarre im Mund und einer Melone auf dem Kopf entweichen sie einer geöffneten Konservendose oder erscheinen als Phantom vor einem Spaziergänger und verwickeln ihn in ein Zwiegespräch. Ein andermal schwebt ein Geist ins Bild mit einer Malerpalette, auf der nebst dem Mondrian-Dreiklang Gelb, Rot und Blau auch Braun und Grün aufscheinen. Dieser Farbkombination begegnen wir in den konstruktiven Bildern des belgischen Künstlers immer wieder.
Während eines Philosophie- und später eines Psychologiestudiums macht sich Walter Swennen zunächst einen Namen als Poet im Umfeld der Beatnik-Generation. Er wurde Professor für Psychoanalyse und wandte sich in den 1980ern endgültig der Malerei zu. Von dieser Wandlung zeugt das Werk ‹Untitled (Mots effacés)›, 1981, eine Art Abschiedsode an die Poesie. Über ein grisailleartiges, grossformatiges Bildgeviert ergiesst sich ein schwer lesbarer Text mit durchgestrichenen Worten. Gleichzeitig verweist das Bild auf die weiterhin bestimmende Rolle von Schrift, kombiniert mit einem gestischen Farbauftrag. Swennens Malerei steht in der Tradition des «bad painting» der 1970er- und 1980er-Jahre eines Francis Picabia, Philip Guston, Martin Kippenberger, Albert Oehlen u. a. Mit ihrer bewussten Abkehr von einem persönlichen Stil und technischer Bravour sowie einer Huldigung an den Kitsch versuchten sie die Möglichkeiten der Malerei neu auszuloten. Swennen geht noch einen Schritt weiter und lehnt im Streben nach einem möglichst puren Malprozess alle empirisch gültigen Kompositions- und Konstruktionsregeln ab: «... arriver à peindre n’importe quoi, voilà l’idéale.» Auch wenn Swennen einfach nur malt, stellt der grösste Teil seiner Arbeit einen geistigen Prozess dar. Diesen bezeichnet er als «Töten von Gespenstern», worauf der Ausstellungstitel ‹Das Phantom der Malerei› auch anspielt.
Eine Kugelschreiberzeichnung von 2012 vermag dies anschaulich zu illustrieren: Sie zeigt, wie zwei Gespenster zwei kleine Bilder betrachten. Sie scheinen nachzusinnen, ob das Dargestellte real oder imaginär sei. Wenn Phantome über den Realitätsgehalt von illusionistischen Bildern rätseln, die von einem Künstler gezeichnet und mit Nägeln an einer Wand befestigt sind, ist das Bildgeschehen im Bereich der Metaphysik zu verorten und sind die Fragestellungen der visuellen Repräsentation eines René Magritte mit spielerischer List ausgetrickst.

Bis 
24.04.2022
Ausstellungen/Newsticker Datum Typ Ort Land
Walter Swennen 29.01.202224.04.2022 Ausstellung Winterthur
Schweiz
CH
Autor/innen
Dominique von Burg
Künstler/innen
Walter Swennen

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