Franticek Klossner im Kunsthaus
Seit Dolores Denaro das Kunsthaus in Grenchen führt, weht im kleinen Museum am Jurasüdfuss frischer Wind. Klassisches wechselt mit Multimedialem. Victorine Müller hat vor einem Jahr den Startschuss gegeben. Jetzt sorgt ihr ehemaliger Lehrer für Aufsehen: Franticek Klossner (*1960).
Franticek Klossner im Kunsthaus
Klossners Lust ist das Experiment. «Ich bin das Gegenteil eines Konzeptkünstlers», sagt er. Kreative Neugierde und emotionelle Intuition leiten den Tänzer zwischen den Sparten. Als Performer ist er eingestiegen, als Bild-Inszenator ist er heute in aller Munde. Dazwischen: Eine Durststrecke.Der rote Faden in Klossners Werken ist die Visualisierung von Seh-, Denk- und Wandlungsprozessen. Ausgangspunkt ist der Körper, häufig der eigene. «Me veràs si me piensas» liess er sich 1998 als Video-Performance auf den Rücken tätowieren. Das Denken als Mischpult von Erinnern, Sehen, Hören und Fühlen. Schmelzende Eisabgüsse seines Schädels liessen in den neuziger Jahren die Gedanken zu Boden tropfen und im vergangenen Jahr als «Hidden Assets» in der Ausstellung «Eiszeit» im Kunstmuseum Bern in einem Tiefkühler neu erstehen.Wie auf den Leib geschrieben war ihm die Aufgabe, den «Bildersturm» im Historischen Museum Bern, 2000/01, als gigantische Video-«Deckenmalerei» umzusetzen. Dabei interessierte ihn nicht die Skulpturenschändung des 16. Jahrhunderts, sondern der Akt der Zerstörung als faktische und emotionale Bild-Schöpfung. Dabei stiess Klossner auf Hochgeschwindigkeits-Kameras, die 1000 bis 3000 Bilder pro Sekunde aufnehmen und beispielsweise für ballistische Studien genutzt werden. Dank einem Mail von Militärdirektor Ogi öffneten sich dem einstigen Dienstverweigerer die Türen zur Abteilung «Waffen und Munition» in Thun. Vor der Kamera den Zerstörungsakt mit gefrorenen Selbstporträts wiederholend und auf die Sehfluss-Zeit von 25 Frames reduzierend, entstanden nie zuvor gesehene Bilder. In der Grencher Installation begegnen sich auf vier Video-Grossprojektionen bekannte und unbekannte Berner und Bernerinnen. Der Anblick ist schauerlich. Sie prusten, und es ist, als würden die Muskeln in ihren Gesichtern von einem Erdbeben erschüttert. Die im Schnellschuss gefilmten Luftstösse sind auf die Sehfähigkeit der trägen Maschine Mensch zurückgefahren. Thematisch geht es bei den bebenden Gesichts-Landschaften um die Relativität von Zeit und um die Dekonstruktion von Wahrnehmung. Dabei erkenne er meist erst später «was alles mit drin sei». Klossner, welcher die Verknüpfung von Emotion und Analyse liebt, legt nur die Spielregeln fest, alles andere entsteht von selbst. Damit setzt Klossner fort, was Forscher-künstler wie Max Matter oder Hugo Suter schon in den siebziger Jahren betrieben. Wie diese wird Klossner gerne zum Erfinder. Das zeigt auch der zweite zentrale Werkkomplex. Hier werden bewegte Bilder in ihr Gegenteil gewandelt. Figuren- und Landschaftstills aus Videos werden in Siebdrucke (Atelier Uldry) übersetzt. Wie bei Vergoldungen wird mit Haftgrundierung und Blattgold gearbeitet. Die gerasterten Pixel sind nun Vexierbilder. Je nach Lichteinfall erscheinen sie golden oder schwarz/weiss, abstrakt oder gegenständlich. Die 25stel-Sekunde oder gar die 1500stel-Sekunde wird als Druckgrafik in Gold «ver-ewigt». «Mess up your mind» ist Klossners erste Einzelausstellung in der Schweiz, die Publikation die erste Monografie.
Institutionen | Land | Ort |
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Kunsthaus Grenchen | Schweiz | Grenchen |
Ausstellungen/Newsticker | Datum | Typ | Ort | Land | |
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Franticek Klossner | 19.05.2001 – 15.07.2001 | Ausstellung | Grenchen |
Schweiz CH |
Franticek Klossner |
Annelise Zwez |