Sarnen: Berufs- und Weiterbildungszentrum

Judith Albert bei der Tonaufnahme im Kirchenturm

Judith Albert bei der Tonaufnahme im Kirchenturm

Kunst und Bau

Sarnen: Berufs- und Weiterbildungszentrum

Für den Umbau des aus den frühen 70er Jahren stammenden Ausbildungsbetriebs (Kunst-Bulletin No 3, 1973) wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, den Judith Albert mit ihrem Projekt SIGNALE gewonnen und im Verlaufe des letzten Jahres realisiert hat. Im Bewusstsein um die visuelle Präsenz der Kunstwerke aus den früheren Jahrzehnten entschied sich Albert für eine akustische Installation als immaterielles Kunstwerk, das auf subtile Weise den Alltag der Benutzer strukturiert, aber auch im alltäglichen Hörraum des näheren Umfeldes wirkt. Im Wissen, dass «kein Tag wie der andere ist, keine Stunde wie jene zuvor, keine Pause gleich, trotz aller Regelmässigkeit» (J.A.), gestaltete die in Zürich lebende Obwaldnerin in Zusammenarbeit mit Gery Hofer und Stephen Lumenta Pausen- und Stundensignale, die auf einigen Grundkonstanten basieren, jedoch einzigartig sind. Sie ertönen im Innern des Gebäudes wie auch draussen, im Eingangs- und Hofbereich, der als kreisförmiger Besammlungsort von einem jungen Ginkobaum ausgezeichnet wird. Als Ausgangsmaterial dienten Judith Albert unterschiedliche traditionelle Klänge, die von alters her die Gemeinschaft prägten: Kirchen- und Ministrantenglocken, Kuh- und Geissenglocken, Klangschalen, welche die Künstlerin während einem Vierteljahr im Kanton sammelte. Die registrierten Klänge wurden ausgewählten Regelmässigkeiten der Alltagserfahrung zugeordnet, um sie auf neue Weise bewusst werden zu lassen: Jahreszeiten und Wochentage beispielsweise erhielten bestimmte Klangfarben und somit auch Glockenklänge zugewiesen. Nach einem konstanten, gleich bleibenden Aufbau des Signals - drei markante Glockenschläge - folgen, je nach Aussentemperatur, 3 kurze oder längere Glockenklänge. Dieser Auftakt wird abgelöst vom Klang der «Tagesglocke» - von Montag bis Sonntag Kuhschelle, Chlöpfe, Ministrantenglocke, Trinkel, Kirchenglocke, Klangschale, Schelle. Und schliesslich erklingen die Töne zur jeweiligen Jahreszeit als algorhythmische Komposition, und zwar basierend auf einem Grundparameter, der immer wieder neue Formationen entwickelt. Die regelmässig erklingenden Glockenvariationen zum Lektionswechsel (15') und Schulbeginn/-ende sowie Pausenbeginn (30') sind kurze poetische Momente, die nach Innehalten verlangen. Das alltägliche Leben mit ihnen verläuft im Einklang, und die Töne werden wie selbstverständlich ins Unterbewusste aufgenommen. Sonntags ist die gesamte saisonale «Partitur» jeweils von 14-15 Uhr im Hofbereich zu hören - ein Angebot, das u.a. von den Bewohnern des nahe liegenden Altersheimes gerne wahrgenommen wird.

Künstler/innen
Judith Albert

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