Ian Anüll — Untitled®. Arbeiten auf Papier

Ian Anüll · One Million, 2017, Zeitung und Banknote auf Papier, 23 x 31,5 cm
 

Ian Anüll · One Million, 2017, Zeitung und Banknote auf Papier, 23 x 31,5 cm

 

Besprechung

Mit anarchischem Impetus unterwandert Ian Anüll bestehende Werte und Mechanismen, sampelt Fundstücke aus der Kon-sumwelt, den Massenmedien sowie der Kunst der Moderne. Die Schau mit Arbeiten auf Papier aus fünfzig Jahren gewährt einen tiefen Blick in Anülls Schaffen, das oft den Zufall walten lässt.

Ian Anüll — Untitled®. Arbeiten auf Papier

Solothurn — Die Kehrseiten unserer Werbe- und Markenkultur und die damit einhergehenden Marktmechanismen und Machtstrukturen treiben den in Zürich und Paris lebenden Ian Anüll (*1948, Sempach) schon lange um. Zum subversiven Spiel mit Marken passt das Kürzel für Registered Trademark ®. Die eingetragene Handelsmarke durchzieht Anülls Schaffen leitmotivisch und prangt auf der Einladungskarte, die einen Hund mit heraushängender Zunge mit ebendiesem Symbol zeigt. Wenn ein Kunstwerk mit einem Label versehen wird, wird es zur Handeslware. Mit dem Kunstmarkt treibt Anüll seine Eulenspiegeleien. Wenn er sich auf dem Markt behaupten will, ist er Teil eines merkantilen Systems. Deshalb bezieht er mit einem Markenzeichen strategisch Position – und zwar indem er das universelle Trademark-® zum eigenen geschützten «Warenzeichen» erklärt. Dies ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil Anüll in seiner multimedialen Arbeit und in seiner Vielfalt von Stilen und Materialien bewusst auf eine wiedererkennbare Handschrift verzichtet. Stattdessen rekurriert er auf den Duchamp’schen Kunstgriff der Dekontextualisierung oder veranschaulicht den Benjamin’schen Diskurs über das technisch reproduzierbare Kunstwerk, indem er unser Wertesystem hinterfragt, etwa indem er Abfall in Kunstwerke verwandelt und so aufwertet. Aus Schokolade und blauer Wasserfarbe zaubert er einen Totenschädel und mit einem roten Verpackungsstreifen spielt er auf Lucio Fontanas Schnittbilder an. Eine Million-Dollarnote spricht von toxischen Wertpapieren, während die Kuh im Hintergrund wohl die Quelle der Wertschöpfung repräsentiert. Mit der neuen Werkreihe ‹Lackskins› verwandelt er Reproduktionen von Originalen, nämlich Einladungskarten für Vernissagen, in neue Originale. Anülls Strategie besteht darin, alles infrage zu stellen oder mit dadaistischer Attitüde zu konsternieren. Antworten liefert er nicht, Widersprüche bleiben bestehen. So hat er in einem Skizzenheft die Frage hingekritzelt: «Hat die Malerei den Maler oder der Maler die Malerei verlassen?» Dass sich in Anülls Werk gesellschafts- und medien-kritische Themen mit poetischem und hintergründigem Sinn und einem gerüttelten Mass an Ironie paaren, zeigen etliche Arbeiten: So stellt er in der Zeitungscollage ‹Duell #1›, 2017, Trump und Kim Jong-un einander diagonal gegenüber. Beide halten ein Gewehr im Anschlag, doch so, dass sich die zwei Waffen ineinander verkeilen und völlig wirkungslos sind.

Bis 
13.05.2018
Künstler/innen
Ian Anüll
Autor/innen
Dominique von Burg

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