Annelies Štrba — Inszenierung einer Familie

Annelies Štrba · In der Küche, 1995, Fotografie aus Projektion ‹Shades of Time 2.0›, 2020 © ProLitteris

Annelies Štrba · In der Küche, 1995, Fotografie aus Projektion ‹Shades of Time 2.0›, 2020 © ProLitteris

Annelies Štrba · Linda mit Teddybär, 1981, Silbergelatineabzug auf Leinwand, 98 x 140 cm, Sammlung Förderverein der Fotostiftung Schweiz © ProLitteris

Annelies Štrba · Linda mit Teddybär, 1981, Silbergelatineabzug auf Leinwand, 98 x 140 cm, Sammlung Förderverein der Fotostiftung Schweiz © ProLitteris

Besprechung

Annelies Štrba wurde bekannt, indem sie als Familienfrau und Mutter Szenen ihres Alltags fotografierte und filmte. Eine Ausstellung in der Fotostiftung Schweiz zeigt von den frühen Foto-Leinwänden bis zu den späteren Video-Stills die Entwicklung ihres Schaffens, das stets in Traumsphären führt.

Annelies Štrba — Inszenierung einer Familie

Winterthur — Eine kleine Serie schwarz-weisser Fotografien, vergrössert auf riesige Leinwände, brachte der Schweizer Künstlerin Annelies Štrba (*1947, Zug) 1990 erstmals über Nacht viel Ruhm und Anerkennung. Erstaunlich wirkten die Bildmotive auf den übergrossen Fotografien deshalb, weil Štrba darin ihre private Familienwelt zeigte. Die meist unscharf aufgenommenen Szenen mit ihren drei Kindern Sonja, Samuel und Linda als Hauptakteur:innen wirkten auf den vergilbt und ausgebleicht anmutenden Stoffträgern allerdings nicht wie Fotos eines Familienalbums um die 1980er-Jahre, sondern als wären sie aus einer anderen Welt und in einem anderen Jahrhundert entstanden.
Der Akt des Fotografierens bezeugt in seiner Lichtzeichnung immer einen erlebten Moment aus der Wirklichkeit. Die Aura von Štrbas Familienbildern scheint jedoch weit von der Realität entfernt in der Sphäre von Traumbildern. Und obschon die Jahreszahlen der Aufnahmen jeweils in der Bildlegende vermerkt sind, wirken die Fotografien rätselhaft zeitlos, und die Inszenierung ihrer Kinder erhält etwas Theatralisches und Sinnbildhaftes. Tochter Sonja steht lebensgross vor der Betrachterin, das zarte Teenagermädchen strahlt in ihrem weissen Kleid gleichzeitig Verletzlichkeit und trotzige Attitüde aus. Daneben erscheint ein englisches Geisterhaus mit schiefer Fassade und dunklen Fensterlöchern. Sonjas Schwester Linda, mit einer seltsamen Mütze auf dem Kopf, gekleidet in eine schwarze Baseball-Jacke, blickt mit leuch-tenden Augen in die Kamera, wo sich ihr Blick mit dem ihrer Mutter kreuzt. Letztere bleibt in all den Familienszenen unsichtbar – die Künstlerin bestimmt aus dem Hintergrund, welche Geschichte sie über ihre Familie erzählen will.
Sinngemäss beginnt die Retrospektive ihrer Werke in der Winterthurer Fotostiftung denn auch mit einem Gedicht von Emmy Hennings. Die Avantgardistin beschreibt darin den dunklen Rausch des Schlafes und die Reise in unbekannte Weiten einer anderen Welt. Štrbas Traum beginnt mit der Serie ‹Shades of Time›, 1974–1997, im Kosmos eines Familienreigens, denn hier «entfaltet sich bunt mein Anderssein». Ihre Reise ins Universum der Zeit setzt die Künstlerin später fort mit expressionistischen Videostills und schliesslich mit zart entrückten Bildnissen schlafender «Prinzessinnen». Stets aufs Neue spielt Štrba in ihren Arbeiten den Traum einer verzauberten Welt durch.

Bis 
13.08.2023
Ausstellungen/Newsticker Datum Typ Ort Land
Künstleringespräch mit Annelies Štrba 21.05.2023 Gespräch/Vortrag Winterthur
Schweiz
CH
Annelies Štrba — Bunt entfaltet sich mein Anderssein 25.02.202313.08.2023 Ausstellung Winterthur
Schweiz
CH
Autor/innen
Johanna Encrantz
Künstler/innen
Annelies Štrba

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