Bern — Zuerst sind es starke Farben und Konturen, die man in Bettina Carls Zeichnungen wahrnimmt. Man glaubt, etwas zu erkennen, dann aber schwindet die Eindeutigkeit, und gerade deshalb entwickeln die Grossformate einen Sog; je länger man die Vielzahl von Details betrachtet, desto mehr taucht man ins Bildgeschehen ab. Carls Zeichnungen bestechen durch Kompositionen aus «tiefen» und «flachen» Bereichen, Radierungen, Verwischungen, scharfen Linien, Maserungen und mitunter auch Textfragmenten, die inhaltliche Zusammenhänge nicht einfach preisgeben, sondern in lustvollen Anspielungen auf mögliche Deutungen verweisen. In ihrer vierten Soloschau bei DuflonRacz zeigt Bettina Carl aktuelle Arbeiten aus zwei Werkgruppen: ‹Pullover des Höheren Wesens› und ‹Serie M. (Happy Knowledge)›. Beide kreisen um manipulative Bildinszenierungen von Machtsystemen. Auf der einen Seite ist es der ironische Bezug auf religiöse und suggestive Aufladung von so alltäglichen Dingen wie Kleidungstücken. In der ‹Serie M.› ist es die künstlerisch dekonstruierende Aneignung eines propagandistischen Diktatorenabbilds, dem Carl mit Fusstritten, Verwaschungen und Verdrehungen zu Leibe rückt. Und damit gerät auch die Erkenntnis ins Blickfeld, dass es den Betrachtenden überlassen ist, Bilder zu hinterfragen und zu de-/kontextualisieren.