Cameron Rowland
Cameron Rowland
Frankfurt / M — Es sind nur eine Handvoll Exponate, die in dieser Ausstellung mit dem wie ein Geheimdienst klingenden Titel ‹Amt 45 i› zu sehen sind: ein alter Holzwebstuhl etwa, ein riesiger Kupfertopf oder ein Seil, das quer über einen Gang gespannt ist. Die schiere Präsenz dieser Objekte liegt in ihrer Geschichte. Sie verweisen auf profitgetriebene Unternehmungen, deren Handelstransaktionen mit Sklaverei in Verbindung stehen.
Der US-amerikanische Künstler Cameron Rowland (*1988) recherchierte für sein Projekt in Frankfurt in den Geschichtsbüchern der Stadt, die wie keine andere für die Banken und das Finanzwesen in Deutschland steht. Die Geschäfte, die deutsche Handeltreibende seit dem 16. Jahrhundert reich gemacht haben, wurzeln zu grossen Teilen in rassifizierter Sklaverei. Rowland entwirft über die materialisierten Objekte ein machtvolles Narrativ zu dieser Geschichte, die, so der Künstler, sich nicht allein auf die Kolonialmächte Spanien und Portugal bezieht, sondern ganz Europa betrifft. Passenderweise belegt das Museum für Moderne Kunst mit dem Tower eine Etage in einem modernen Bürohochhaus in Frankfurts Bankenviertel. Recherchen von Rowland und dem Historischen Museum Frankfurt ergaben hier, dass die Financiers, die das Gebäude unterhalten, darunter J.P. Morgan, Barclays, Schroders oder Credit Suisse, Nachfolger von Profiteuren der Sklaverei sind. Das belegt eines der Ausstellungsobjekte, das eine nüchterne Unternehmenschronik mit allen Instituten auflistet, welche in die im frühen 17. Jahrhundert gegründete Commerzbank eingeflossen sind.
Spannend sind die Gegenstände, die Zeugnis von dieser verflochtenen Geschichte ablegen. Der Webstuhl stammt aus Osnabrück und wurde in der Produktion von «Osnaburg»-Leinen im 18. Jahrhundert eingesetzt. Leinen steht wie kein anderes Material für eine deutsche Ware, die als Kleidungsstoff für die Sklav:innen produziert wurde. Andere Objekte wie zwei weisse Plastikkübel mit Oxalsäure beziehen sich auf ein Gift, das Sklav:innen verwendeten, um in einem verhinderten Komplott die weissen Sklavenhalter auf Haiti zu vergiften. Die beeindruckende Ausstellung, die buchstäblich viel Raum für die eigene Imagination lässt, ist gleichzeitig sehr dicht an historischer Information, die im Dienst der Aufarbeitung eines dunklen Kapitels europäischer Kolonialgeschichte steht. Ein Booklet bietet Basiswissen sowie weiterführendes Material.
Institutionen | Land | Ort |
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Museum MMK für Moderne Kunst | Deutschland | Frankfurt/M |
Ausstellungen/Newsticker | Datum | Typ | Ort | Land | |
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Cameron Rowland | 11.02.2023 – 15.10.2023 | Ausstellung | Frankfurt/M |
Deutschland DE |
Patricia Grzonka |
Cameron Rowland |