Marc Camille Chaimowicz' «Zürich Suite» im migros museum
Die Ausstellung versammelt Arbeiten von Camille Chaimowicz aus den letzten vierzig Jahren. Chaimowicz hat schon seit den frühen siebziger Jahren gegen den aktuellen Kunstdiskurs opponiert. Nun beeinflussen seine Installationen seit einiger Zeit eine jüngere Künstlergeneration.
Marc Camille Chaimowicz' «Zürich Suite» im migros museum
Im Foyer des Museums sind hohe Holzpaneele dicht aneinandergereiht an die Wände angelehnt. Sie sind mal mit altmodischen Tapeten überzogen, mal mit tapetenähnlichen Mustern bemalt und mit Bildern behängt. «Warsaw Suite», 1993-1994, ist die Installation betitelt und man fühlt sich an die traditionellen Ausstellungsräume des 19. Jahrhunderts erinnert. Das Setting sagt viel aus über die künstlerische Strategie des 59-jährigen Franzosen polnischer Herkunft. Marc Camille Chaimowicz verfolgt damit die Idee des hierarchiefreien Gesamtkunstwerks, bei welchem sich die Malerei und der aktuelle Installationsbegriff immer wieder aneinander reiben. Die Tapetenmuster sprechen von Chaimowicz? Lust am Dekorativen und die Bilder an den Paneelen bezeugen des Künstlers ehemalige Karriere als Kunstmaler. Diese hat er mittlerweile aufgegeben - mit der Begründung, dass alle grossen Gemälde schon ausgeführt worden seien. Schon seit den frühen siebziger Jahren hat Chaimowicz gegen den aktuellen Kunstdiskurs opponiert und diesem komplexe, reflektierte Zusammenhänge entgegengesetzt. So schwelgen seine Installationen, die oft mit Remakes durchsetzt sind, in ganz anti-minimalistischer Haltung in Nostalgie und öffnen atmosphärisch dichte Fenster auf vergangene Zeiten.
Jeder der hier installierten Räume ist eine Welt für sich, die persönlich und intim wirkt und voller Anekdoten steckt. So spricht «The Cocteau Room», 2003/05/06, von einer intensiven Präsenz. Chaimowicz hat ihn dem bewunderten dandyhaften Poeten, Künstler und Cineasten gewidmet. Der Raum ist neben einem französischen Bett mit einem umkippenden, rosafarbenen Schreibtisch, einem schrägen, hellblauen Bogen und einem abgetreppten Büchergestell möbliert. Es sind mit Industrielack bemalte, futuristisch anmutende Designstücke. Jedem Ding in diesem stimmungsvollen, erinnerungsträchtigen Kosmos ist eine Rolle zugeschrieben. Konfrontiert man sich mit einem von ihnen, so ergeht es einem wie einst Marcel Proust, dem beim Verzehr einer Madeleine intensive Bilder aus der Vergangenheit vor dem inneren Auge aufstiegen. Gleichzeitig lässt der Wohnraum mit quasi avantgardistischem Anspruch auch die Epoche nach den 50er Jahren bis in die jünste Vergangenheit aufleben. Ähnlich verhält es sich mit der nostalgischen Rauminstallation «Celebration? Realife Revisited», 1972/2000/2002, welche, untermalt mit Musik von David Bowie und Janis Joplin, die Zeit von Woodstock bis zum Discozeitalter mit «open End» Revue passieren lässt.
Der Kosmos von Chaimowicz ist von luftigen und heiteren, aber auch melancholischen Klängen durchpulst und bezaubert mit einer sehr zarten, femininen Kunst. Dies mag ein Grund sein, dass sich in den vergangenen Jahren sein Einfluss auch für eine jüngere Künstlergeneration wie Vidya Gastaldon, Dale Chihuly oder Tassilo Sturm geltend machte. Katalog in Vorbereitung.
Institutionen | Land | Ort |
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Migros Museum für Gegenwartskunst | Schweiz | Zürich |
Dominique von Burg |
Marc Camille Chaimowicz |