«Ordnung und Verführung» im Haus Konstruktiv

maya roos · Portrait by Speed Disk Dorothea, 2006, Wandmalerei Dispersion, Foto: Peter Gaechter

maya roos · Portrait by Speed Disk Dorothea, 2006, Wandmalerei Dispersion, Foto: Peter Gaechter

Besprechung

Mit fantasievollen und poetischen Installationen, Objekten, computergesteuerten Zeichnungen und Malereien rücken 23 international bekannte Künstler der Bastion der konkret-konstruktiven Kunst zu Leibe.

«Ordnung und Verführung» im Haus Konstruktiv

Mit der Ausstellung «Ordnung und Verführung» versucht die neue Kuratorin Dorothea Strauss das präzise definierte Feld der klassischen konkreten, konstruktiven Kunst kunsthistorisch zu erweitern und neue Spektren zu erschliessen. Förderlich ist in dieser Hinsicht die Tatsache, dass sich in den letzten Jahren eine Reihe von Künstlerinnen und Künstlern verstärkt mit Ordnungsstrukturen beschäftigen. Dies scheint in Zeiten von Globalisierung und sozialen Umbrüchen nur allzu verständlich. Es sind Künstler, die sich in einem breiten Terrain bewegen, zwischen Ordnung und deren Infragestellung, mitunter auch sampelnd und zappend, und darin nach einer Verbindlichkeit suchen. Keine Frage, dass sie damit Dialoge und Debatten provozieren. Besonders junge Künstler arbeiten mit dem Potenzial der konkreten Kunst. So, wenn die amerikanische Malerin Sarrah Morris, die englische Künstlerin Sarah Staton oder der Amerikaner Wade Guyton geometrische Strukturen und Konstruktionen oder Streifenmuster expressiv oder poetisch aufladen. Dabei versteht sich von selbst, dass Künstler wie etwa der Berliner Olav Nicolai, der Österreicher Thomas Baumann oder die Schweizerin Maya Roos, wenn sie auf die Gegenwart reagieren, nicht mehr in klaren Zuordnungen arbeiten können. So kommt es, dass nahe des grünblauen Farbraums von Reto Boller ein polyedrischer Lüster zu hängen kommt, der jeder Design-Messe in den siebziger Jahren alle Ehre gemacht hätte. Und Charles Sandison scheint uns beim Ausbruch aus der konkret-konstruktivistischen Trutzburg sogar zu dadaistischen Wortspielereien in Form einer computerprogrammierten Projektion zu verführen.

Da man an den alten konkreten und konstruktiven Hasen kaum vorbeikommt, sind im vierten Stock unter dem Titel «Transit Historie» ausgewählte Werke von Max Bill, Richard Paul Lohse, Verena Loewensberg, Camille Graeser und Fritz Glarner versammelt, die demonstrieren, dass die Themen der konkreten, konstruktiven Kunst weiterhin zu Auseinandersetzungen herausfordern.

Im Foyer des Museums führt eine monumentale, brückenartige Installation des Frankfurter Künstlers Tobias Rehberger gewissermassen leitmotivisch in die Ausstellung. Der Arbeit liegt ein nicht realisierter Wettbewerbsbeitrag für die Sanierung der Autobahnraststätte Pratteln 2000 zugrunde. Die Architektur des Objekts mit dem anspielungsträchtigen Titel «Sad Buddha after Traffic Problem» ist klar strukturiert, während die Haut aus orangefarben getöntem Acrylglas einen Einblick in sein scheinbar chaotisches Innenleben gibt, mit einer unübersichtlichen Anordnung von bunten Rohren, die dennoch sehr wohl nach einem strengen Plan konstruiert sind. Geradezu lasziv mutet die tintenhaltige Ausscheidung aus dem Inneren des Acrylmodells an. Da ruft der fast schwerelos erscheinende, transparente Kubus von Liam Gillick wieder zur Ordnung. Während Gillick eine der Maximen des Neuen Bauens zitiert, öffnet Daniel Burens verspiegelte Installation den Blick ins Unendliche und man lässt sich von dem in Gelb-, Blau-, Rot- und Rosatöne getauchten Labyrinth nur allzu gerne «verführen» - ganz gemäss dem programmatischen Titel der Schau.

Bis 
31.07.2006

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