«Accélération» im Centre CAN und in der alten Kartinghalle
Unter dem Titel «Accélération» vereinigt der im Oktober 2005 gegründete Verein «Kunstart» in Neuchâtel Werke von dreissig schweizerischen und internationalen Künstlern zum Thema Beschleunigung im Zuge der Globalisierung.
«Accélération» im Centre CAN und in der alten Kartinghalle
Chaotische Mobilität, rund-um-die-Uhr-Fahrten auf den Datenautobahnen oder die im Sekundentakt um den Erdball sausenden Bilder haben unsere Lebensrhythmen in einem Ausmass beschleunigt, welches eine Verlangsamung oder gar ein Innehalten oft geradezu verunmöglicht. Auch der Kunstbetrieb ist von diesem Geschwindigkeitsrausch längst infiziert und hat sich selber als Monstrum der Beschleunigung geoutet,
das seine Akteure skrupellos verschleisst. Die Forderung nach einer «Philosophie der Entschleunigung» des deutschen Philosophen Odo Marquard (*1928) oder Kunstprojekte, die für eine neue Langsamkeit plädieren, können nicht verhindern, dass uns die Wirklichkeit zunehmend entgleitet.
Wie nehmen wir unsere Wirklichkeit wahr, wie verändern sich unser Lebensgefühl und unsere subjektive Empfindung in dieser akzelerierten Gesellschaft? Fragen, die Gauthier Huber und Arthur de Pury schon seit längerem umtreiben. Nun haben sie als Mitglieder des Vereins «Kunstart» unter dem Titel «Accélération» in der ehemaligen Kartinghalle der alten Fabrik Suchard in Serrières sowie im Centre d´Art Neuchâtel/CAN Werke von dreissig Künstlern versammelt, womit sich das CAN einem komplexen Thema zuwendet und wieder in den aktuellen Kunstdiskurs einklinkt.
Was könnte als Rahmen besser geeignet sein, als die gigantische, kürzlich zur Kartingpiste transformierte Fabrikhalle, atmet sie doch noch den unerbittlichen Rhythmus der industriellen Produktion und Wettrennen-Luft. Das Thema der Beschleunigung breitet sich hier in all seinen Facetten aus, während den Werken im CAN ein eher meditativer, reflektiver Aspekt aneignet. Weit entfernt von der enthusiastischen Eloge an die Geschwindigkeit der technikgläubigen Futuristen des beginnenden 20. Jahrhunderts thematisieren die hier gezeigten Künstler etwa das Phänomen der Zeit, das absehbare Ende der Ressourcen oder diffuse Zukunftsängste. So zeigt Kader Attia (*1970, Dugny, Seine Saint-Denis) in der Halle die Videoinstallation «Oil and Sugar». Wie der Titel andeutet, ist damit die Sprengkraft der Konflikte im Nahen Osten angesprochen. Man sieht einen an eine Kaaba erinnernden Kubus aus Hunderten von in Erdöl getränkten Zuckerstücken, welche rapide dahin schmelzen. Diffuse Zukunftsängste und -ahnungen lösen auch die Szenen von schrecklichen überdimensionalen Insekten aus, welche in Tobias Bernstrups (*1970, Göteborg) Film «Mantis City» Hochhäuser von Shanghai attackieren. Die Sinnentleerung, die mit der Industrialisierung von Herstellungsprozessen einhergeht, thematisiert Wim Delvoyes (*1965, Wervik, Belgien) anhand von grossen Bronzefiguren des gekreuzigten Christus.
Zahlreiche Events wie Kolloquien, Konzerte, Performances und Filmabende, so am 8.6. ein Gespräch am runden Tisch zu «Télescopage des temporalités dans l´image en mouvement», am 9.6. Katalogvernissage, am 12.6. Gespräch mit Daniele Buetti zu «La chute du corps de la science à travers l´espace artistique».
Institutionen | Land | Ort |
---|---|---|
CAN Centre d'art Neuchâtel | Schweiz | Neuchâtel |
Kader Attia | |
Tobias Bernstrup | |
Wim Delvoye |
Dominique von Burg |