Zeitgenössische Zeichnungen im Kunstmuseum Thurgau
Unter dem Titel «Dessine-moi un mouton!» sind in den Räumen der Kartause Ittingen Arbeiten auf Papier, Installationen, Zeichentrickfilme und Videoarbeiten von 19 regionalen und internationalen Kunstschaffenden versammelt. Verbindendes Element ist die Freude an der Fantasie, am Skurrilen und am Formulieren von Gegenwelten.
Zeitgenössische Zeichnungen im Kunstmuseum Thurgau
Was den Surrealisten die Ecriture automatique ist, kann den Kunstschaffenden die Zeichnung als spontane, seismografische Aufzeichnung von Befindlichkeiten bedeuten. Gerade in einer Welt der im Sekundentakt um den Erdball sausenden Bilder, deren Abfolge durch extrem kurze Schnitte enorm beschleunigt ist und denen die Betrachter passiv ausgeliefert sind, kommt der Zeichnung als unmittelbare, ungekünstelte individuelle Äusserung wieder verstärkt Bedeutung zu. Die Zeichnung eröffnet eine andere Wahrnehmungsebene und zwingt zur konzentrierten Betrachtung. Gleichzeitig lässt sie Luft und Raum zur Interpretation und schenkt so dem Betrachter die zeitweise verloren gegangene Autonomie den Bildern gegenüber zurück.
Auftakt der Schau bildet eine Blätterwand von Alex Hanimann (*1955, St. Gallen), mit der er die tägliche Bilderflut parodiert und die Festlegung des Dargestellten leer laufen lässt. Die Zeichnungen in den Räumen der Kartause Ittingen entfalten sich den Wänden entlang, kriechen die Fenster hoch, greifen in den Raum, sind zu Animationen beschleunigt und versteigen sich ins Virtuelle. Die im Ausstellungstitel formulierte Aufforderung «Dessine-moi un mouton!» stammt aus dem Roman «Der kleine Prinz» von Antoine de Saint-Exupéry. Der Erzähler zeichnet Schafe, doch der kleine Prinz ist mit keiner Version zufrieden, bis St. Exupéry eine Kiste mit drei Luftlöchern zeichnet und behauptet, das Schaf befinde sich darin. Keine Frage, dass dieser Vorschlag nicht nur die kindliche Fantasie beflügelt. Allerlei Ausgeburten der Fantasie begegnen uns denn auch in den hier gezeigten Werken. So entfaltet Maja Vukojé (*1969, Wien) mit kleinen Selbstporträts und Puppenbildern intime Erinnerungsbilder, und Anton Bruhin (*1949, Lachen SZ) bannt kleine Momentaufnahmen seines Innenlebens in einer an Keith Harring erinnernden Bildsprache aufs Papier. Während Morten Schelde (*1972, Kopenhagen) Träume, persönliche Erlebnisse, Erinnerungen und Gelesenes verknüpft und diese zu düsteren, somnambulen Bildwelten steigert, treibt das Spielerische Claudio Volta (*1954, Münsingen) an und er giesst seine Fantasien in märchenhaft irrlichternde Konfigurationen, die an Fantasiewelten aus den siebziger Jahren erinnern.
In den Zeichnungen von Valentin Magaro (*1972, Münsterlingen TG) ist die Zeit des Fantasierens und Träumens endgültig vorbei. In einer Sprache, die an die Plakatästhetik des sowjetischen Realismus erinnert, sind in streng geometrischen, verwirrend ineinander verschachtelten Räumen stereotype Frauenfiguren bei unterschiedlichen Handlungen zu sehen. Die starren Haltungen der in den Räumen gefangenen Figuren verleihen den Szenen etwas Unausweichliches und Alptraumhaftes. Mit Katalog.
Institutionen | Land | Ort |
---|---|---|
Kunstmuseum Thurgau / Ittinger Museum | Schweiz | Warth |
Anton Bruhin |
Alex Hanimann |
Valentin Magaro |
Morten Schelde |
Claudio Volta |
Maja Vukoje |
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Dominique von Burg |