Short Cuts - Medienkunst zwischen analog und digital

Jürg Lehni · Otto, 2014 (Jürg Lehni & Wilm Thoben, Two Legacies, 2014), 700x400 cm, Schweiss­roboterzelle, Computer, Kreide

Jürg Lehni · Otto, 2014 (Jürg Lehni & Wilm Thoben, Two Legacies, 2014), 700x400 cm, Schweiss­roboterzelle, Computer, Kreide

Andreas Gysin & Sidi Vanetti · Digits, 2014, 191x340x9,5 cm, 48 elektromechanische Elemente, Wstom Software. Foto: Igor Ponti

Andreas Gysin & Sidi Vanetti · Digits, 2014, 191x340x9,5 cm, 48 elektromechanische Elemente, Wstom Software. Foto: Igor Ponti

Besprechung

Das Digitale in einer Ausstellung zu thematisieren, ist ein kühnes Unterfangen. Umso verblüffender ist die Tatsache, dass das Charakteristische dieses medialen Begriffs selbst in Kunst­werken auftaucht, die sich elektrischer oder gar klassischer skulpturaler und visueller Techniken bedienen.

Short Cuts - Medienkunst zwischen analog und digital

Digitale Kunst lässt sich in ihrer Bandbreite schwer fassen. Programmierung und Technologie mögen dominierende Elemente sein, doch in Erscheinung tritt sie in allen gängigen Sparten zeitgenössischer Kunst. Deshalb macht es Sinn, in einer als Überblicksschau, für die Daniel Sciboz als Kurator beigezogen wurde, auch Werke aus den Sechzigerjahren miteinzubeziehen, massgeblich Beispiele der damaligen Medienkunst. Als Vorläufer nehmen diese künstlerischen Arbeiten teilweise voraus, was mit dem Computer in komplexerer Weise umgesetzt werden kann. Skulpturale, kinetische und performative Werke sind in der Ausstellung genauso anzutreffen wie Video und generative Computerkunst. Eine junge Generation von Medienkünstler/innen tritt in einen gelungenen Dialog mit Wegbereiter/innen aus den Jahren von 1955 bis 1975. Aus diesem Grund wohl fällt der Bildschirmeinsatz, über die ganze Ausstellung gesehen, äusserst moderat aus, auch wenn man es anders vermuten würde.
Eine Kugel, aufgelöst in ein räumliches Raster, entspricht der gängigen Darstellung eines Drahtmodells in einem 3D-Computerprogramm. François Morellet beweist mit seiner Plastik aus punktgeschweissten Edelstahlstäben von 1962, dass sich dasselbe auch im Realraum umsetzen lässt. Auch Jürg Lehnis computergesteuerter ­Roboter ‹Otto› von 2014 übersetzt programmierte Anweisungen mit Kreide in Wandzeichnungen. Als Pionierin entwickelte Vera Molnár bereits in den Siebzigerjahren für ihr künstlerisches Schaffen eine eigene Software und entdeckte den Plotter für sich. Ebenso hat Casey Reas die gezeigten Werke aus dem Jahr 2012 mit einer von ihm entwickelten Software generiert.
Die Stärke der Ausstellung besteht darin, dass die gezeigten Werke jenseits von technologischen Spielereien das Prinzip des Digitalen selbst im Analogen deutlich werden lassen und vielfältige Wechselbeziehungen zwischen den beiden Polen herstellen. Das Thema Medienkunst ist damit bei weitem noch nicht erschöpft, es gibt - selbst in der Schweiz - zahlreiche Künstler/innen, die auch in dieser breit angelegten Auswahl nicht berücksichtigt wurden. Solche Ausstellungen sind ausserhalb von spezialisierten Institutionen noch viel zu selten präsent. Endlich geht mit dem CentrePasquArt ein Museum mit gutem Beispiel voran und präsentiert eine Schau, die vom Format her auch in das Programm eines grossen internationalen Museums passen würde. Wer die Ausstellung auslässt, verpasst etwas.

Bis 
13.06.2015

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