Mario Sala — Frau Kern erhöht den Druck
Komplexität zieht sich als Leitmotiv durch Mario Salas multimediale Arbeiten. Diese sind das Kondensat seiner Erinnerungen, Erfindungen und Gedanken und erzeugen Spannungen zwischen den Objekten und ihrer Wahrnehmung. Entstanden ist eine atmosphärische Ausstellung, der etwas Filmisches eignet.
Mario Sala — Frau Kern erhöht den Druck
Zürich — Mario Sala (*1965, Winterthur) lässt Geschichten in einer ganz eigenen Parallelwelt spielen. In seiner Ausstellung bei Nicola von Senger inszeniert er den Background für die abrupte Wahrnehmungsveränderung einer Frau. Das Geschehen schildert er in einem kurzen begleitenden Text. Gleichzeitig nähert er sich diesem mit einer vielschichtigen, mehrteiligen Arbeit an, die zwischen Fiktion und Konkretion oszilliert. «Frau Kern» imaginiert er in Form eines Mobiles aus vielfarbigen, lackierten kreis- und ovalförmigen, etwas zerknüllten Aluminiplatten. Je nach Luftzug bewegt sich das Mobile von 2020 und mit ihm verändern sich ständig die Perspektiven. Salas Text ist zu entnehmen, dass sich während der Morgentoilette «der Puls» der Protagonistin erhöht, «sich der Deckel der Tagescrèmedose leicht anhebt» und ein bisschen «Salbe durch den Deckel» hervorquillt, die Frau Kern in Form eines Auges anblickt. Das Auge ist als Pingpongball formuliert, der in einer kreisförmigen, massiven Stahlplatte eingelassen ist. Dass sich die Wahrnehmung im Inneren von Frau Kern verschiebt, ist daran auszumachen, dass «sie ihre eigenen Atemzüge in den Ohren hört», während sie sich «ihrem Herrgottsbild im Foyer» zuwendet und unvermittelt mit einer grossen Anzahl ähnlicher Bilder konfrontiert ist. Überflüssig zu erwähnen, dass sie davon überwältigt ist und sich von pulsierenden Bildern umgeben fühlt. Diesen Vorfall verdichtet Sala mittels einer Petersburger Hängung von kleinformatigen ‹Herrgott›-Bildern, 2017/18, sowie mit drei grossformatigen, wandfüllenden Gemälden. Während die Herrgottsbilder von vorwiegend langbärtigen, weisshaarigen Männerfiguren bevölkert sind, schildern die grossen Werke Alltagsszenen, die das Leben von «Frau Kern» gleichsam rahmen. ‹Bildnis 25›, 2018/19, stellt ein Fenster mit einem Augenloch dar, das seitlich von zwei Riesenhänden geöffnet wird. ‹Bildnis 34›, 2019/20, gibt eine morgendliche Szene in einem Tram wieder. Das von schillernden und vibrierenden Blautönen lebende ‹Bildnis 35›, 2019/2020, illustriert eine Badeszene. In Salas Werken ist eine Strategie der Expansion angelegt, die unsichtbare, unfassbare Seiten des Gewöhnlichen evoziert. Die Arbeiten nehmen sinnliche Formen und Realitäten an, ohne jedoch in eine gültige Bildform gezwungen zu werden. Vielmehr scheinen die Bildebenen ineinander verschoben. Diese Überlagerungen evozieren unterschiedliche Zustände und Wahrnehmungen und übersetzen diese in eine filmische Dynamik.
Institutionen | Land | Ort |
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Nicola von Senger AG | Schweiz | Zürich |
Ausstellungen/Newsticker | Datum | Typ | Ort | Land | |
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Mario Sala | 22.05.2020 – 18.07.2020 | Ausstellung | Zürich |
Schweiz CH |
Dominique von Burg |
Mario Sala |