David Hammons bei Hauser & Wirth

David Hammons · Ausstellungsansicht, 2003, Foto:
A. Burger, Zürich; Courtesy Galerie Hauser & Wirth, Zürich

David Hammons · Ausstellungsansicht, 2003, Foto:
A. Burger, Zürich; Courtesy Galerie Hauser & Wirth, Zürich

Besprechung

David Hammons ist berüchtigt, einer der schwierigsten und streitlustigsten amerikanischen Künstler zu sein. Vielleicht ist dieser Ruf darin begründet, dass sich der sechzigjährige Afro-Amerikaner aus dem rastlosen Kunstkarussel nach Möglichkeit heraushält. Stets auf der Suche nach den Wurzeln «seiner schwarzen Kultur», ist er viel in seinem geliebten Harlem unterwegs, greift auf, was er in den Strassen findet, und beobachtet, wie die Dinge in seinem Atelier zusammentreffen. Der Umgang mit Gebrauchtem und Weggeworfenem ist eine wohlbekannte Strategie der Arte Povera, die Hammons adaptiert hat und die er in Aktionen, Objekten, Wortspielen und in Jazz- und Blues-Sessions verarbeitet.

David Hammons bei Hauser & Wirth

Als ich vor einigen Jahren in einem buddhistischen Tempel in Thailand eine zum Verkauf angebotene Buddha-Statue erwerben wollte, sagte mir die Nonne, die den Stand hütete, sie sähe es gar nicht gerne, wenn Touristen solche Statuen kaufen würden. Als Grund führte sie an, dass die Statuen von den Touristen nach ästhetischen Kriterien irgendwohin gestellt und somit ihrer sakralen Funktion entleert würden. Unnötig zu sagen, dass ich die Hände davon liess.

Die Installation «Hidden From View» von David Hammons handelt von solch unbewussten Vereinnahmungen afrikanischer Skulpturen durch westliche Galerie- und Museumsbesucher. In der Galerie Hauser & Wirth sieht man lediglich die Füsse von afrikanischen Statuen unter quadratischen Holzsockeln hervorlugen. Über ihnen ruhen hohe Vitrinen aus Plexiglas. Sie sind leer und enttäuschen die Erwartungen des Besuchers. Die abwesend-anwesenden Skulpturen verweigern sich unserem Blick und unseren Projektionen auf eine Kultur, die wir trotz aller Informationen im Grunde nur rudimentär kennen. Durch unsere Aneignung reduzieren wir diese Skulpturen auf einen blossen Objektstatus, reissen sie aus ihrem kulturellen Zusammenhang und berauben sie ihrer rituellen Funktion und Aura.

Ebenfalls unter Verschluss ist der Inhalt in der zweiten Installation gehalten. Sie besteht lediglich aus auf Paletten gestapelten Kartonschachteln, die für den Transport bereitgestellt zu sein scheinen. Auf den Etiketten der Schachteln steht «Made in the People’s Republic of Harlem» zu lesen, ein Satz, der etwas von Hammons’ politischen Utopien verrät. Die Schachteln greifen den Topos von Andy Warhols leeren Brillo Boxen auf, sind jedoch mit gebrauchten Kleidern und gefundenen Objekten voll gepackt. Sie sind Strandgut der westlichen Überflussgesellschaft, deren Abgenutztheit den Stadtnomaden Hammons immer wieder inspiriert. Die Gegenstände gewinnen Bedeutung aus ihren Beziehungen zueinander, zur Umgebung und zum Betrachter. Entsprechend sind die Installationen vieldeutig chiffriert, nehmen Bezug auf den Standort und spielen mit den Erwartungen des Publikums. So hat Hammons beispielsweise von einem durchziehenden Zirkus zurückgelassenen Elefantendung in den Farben des African Natio-nal Congress bemalt, mit Gold überzogen, mit Stöckchen verziert, auf Räder montiert und so zum Fetisch aufgeladen. Indem jedoch die Inhalte in seiner neusten Installation «Made in the People’s Republic of Harlem» nicht sichtbar sind, hinterfragt er den in der Kunstöffentlichkeit oft gehörten Gemeinplatz vom vorwiegend Narrativen in der afroamerikanischen Kunst.

Bis 
25.07.2003

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