Über die Funktionsweise des Kunstsystems
In einer Zeit, in der Künstler nach schnellem Erfolg gieren und sich oft bedenkenlos vom Kunstbetrieb vereinnahmen lassen, ist eine Retrospektive der Konzeptkünstlerin Louise Lawler fast ein Anachronismus. Denn wie kaum eine andere Künstlerin ihrer Generation hat sie sich die Kritik und Unterminierung von Kunstinstitutionen auf die Fahne geschrieben. So reflektieren ihre im Museum für Gegenwartskunst gezeigten Werke aus 25 Schaffensjahren die Funktionsweise des Kunstmarktes, der hervorragend dazu befähigt ist, sich alle systemkritischen Proteste einzuverleiben.
Über die Funktionsweise des Kunstsystems
Louise Lawlers dokumentarischer Blick auf die Kunstwelt
Die amerikanische Konzeptkünstlerin Louise Lawler fotografiert seit den späten siebziger Jahren Kunstwerke anderer Künstler. Dabei richtet sie ihr Augenmerk nicht so sehr auf die Werke selbst, als vielmehr auf ihre jeweiligen Umgebungen, sei es in Galerien, im Museum und in Wohnungen von Sammlern, auch in Lagern und in Auktionshäusern. Dabei ist der Raum, der die Arbeiten umgibt, ebenso wichtig wie die Kunstwerke selbst; ja die Werke rücken vielfach in den Hintergrund, wenn sie inmitten von gestylten Einrichtungsgegenständen, Vitrinen und Labels angeordnet sind. Mitunter sind sie nur teilweise sichtbar, so in «It could Be Elvis» eine Lithografie von Andy Warhol, die am oberen Bildrand abgeschnitten ist. In sachlich-nüchternen Aufnahmen dokumentiert Louise Lawler die Situierung der Kunstwerke, nachdem diese das Atelier des Künstlers verlassen haben. Sie zeigt ihre Veränderung, sobald sie in einer Kunstgalerie, einem Museum, in Privatsammlungen oder in Auktionshäusern gezeigt werden. Damit weist sie hin auf die Bedingungen von bildender Kunst, ihre Rezeption und die dazugehörige Wertvermehrung, wenn sie «zur rechten Zeit und am rechten Ort» präsentiert und vermarktet wird.
Seit ihren Anfängen hat Louise Lawler mit konzeptuellen Methoden die Funktionsweise des Kunstsystems offen gelegt und zu unterwandern versucht. So beispielsweise mit Bildunterschriften, meist kontextfremden Wandtexten, Wechselrahmen und Rahmenbeschriftungen oder mit ihrer Ausstellung «An Arrangement of Pictures» bei Metro Pictures in New York, 1982, als sie Werke von anderen Künstlern der Galerie feilbot und dafür eine zehnprozentige Kommission forderte. Heute ist es allerdings gang und gäbe, dass Künstler als Kuratoren oder Kunstkritiker fungieren. Ebenfalls erscheint die dokumentarische Spiegelung aus heutiger Sicht als homöopathische Variante der grundsätzlichen Institutionskritik und Infragestellung von Museen oder Galerien, wie sie Ende der sechziger Jahre Daniel Buren, Olivier Mosset, Michel Parmentier und Niele Toroni praktizierten. Sie gingen mit ihren Arbeiten an die gewöhnlichsten, alltäglichsten Orte, um sich als Künstler von der unheilvollen Allianz von Kunst und Macht zu distanzieren. Dennoch tendiert Lawlers Aneignung von Kunstwerken anderer nicht dahin, die genuine Schöpfung für obsolet zu erklären, wie es sich für die «Zitatkultur» der Postmoderne der achtziger Jahre gehörte. Vielmehr geht es ihr darum zu zeigen, dass das Verständnis eines Kunstwerkes von scheinbar unbedeutenden Faktoren wie vom Titel, der Legende, Präsentation und der Umgebung abhängig ist und dass das Werk als solches so vielfach überhaupt erst seinen Sinn gewinnt.
Some of my language is very straightforward, more or less exact technical or visual descriptions, such as calling a picture «green». Sometimes it's a question of connecting a picture with a quotation that relates to its reception, such as the one accom-panying the photograph of Degas's Little Dancer, which comes from the time when Degas first exhibited the work and shows a very different relationship to the work than we have today. I try to give some information - for exemple, calling a photograph of sculpture «Objects» - that will make you rethink what you're told. You're told something about it, but certainly not everything. Sometimes the text is just a title, sometimes it's printed on the wall, and sometimes on the photograph's mat. So the text is a part of the work, but it's not always a prominent part of the work. (aus: An Arrangement of Pictures, New York 2000)
Institutionen | Land | Ort |
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Kunstmuseum Basel | Gegenwart | Schweiz | Basel |
Dominique von Burg |
Louise Lawler |