«Das Grosse Rasenstück» im öffentlichen Raum
«Das Grosse Rasenstück» ist eines von vielen Kunstprojekten, die im Zuge der FIFA WM subventioniert wurden. Im Vergleich zu anderen Ausstellung zum gerade so beliebten Thema «Kunst und Fussball» zeichnet sich die Schau dadurch aus, dass es gar nicht primär ums runde Leder geht, sondern um das heikle Thema (zeitgenössische) Kunst und öffentlicher Raum.
«Das Grosse Rasenstück» im öffentlichen Raum
Wie heikel das Thema ist, das bewiesen die hitzigen und handgreiflichen Querelen, die den Aufbau von Olaf Metzels Stuhlskulptur «Auf Wiedersehen» als temporäre Ummantelung des pseudogotischen «Schönen Brunnen» - ein Touristenhighlight auf dem Nürnberger Hauptmarkt - begleiteten. Dafür hat der Künstler ungefähr 700 ausrangierte Stadionsitze aus dem Berliner Olympiastadium in einer spiralförmigen Konstruktion um den figurengeschmückten Brunnen drapiert. Die Installation erinnert sowohl an Tatlin´s «Monument für die III Internationale» wie auch an einen Fussballpokal. Und wieder einmal bewies Metzel, dass er weiss, wie man provoziert. Zum Konzept gehörte ein Bauzaun, der die Sockelzone des Brunnens vor den Aufgebrachten schützte und zu einem offenen Forum für deren Unmut wurde. Dieser wurde jedoch von der Stadtverwaltung kurz vor Eröffnung der Ausstellung noch flugs entfernt - Platzverweis oder Eigentor? Sieht man den «Schandfleck» nun auf dem Hauptmarkt stehen, neben einem Riesenplakat der Sparkasse und umzingelt von den Buden des Nürnberger Spargelfests, stellt sich doch die Frage, was hier was verschandelt. Über Ästhetik und Öffentlichkeit wurde in Nürnberg seit den Naziaufmärschen nicht mehr wirklich nachgedacht. Bedauernswert ist nicht, dass diese Diskussion aufgeflammt ist, sondern auf welchem Niveau sie geführt wurde.
Davon einmal abgesehen, ist beim «Rasenstück» aber alles in schönster Harmonie. Rirkrit Tiravanija steuert ein «Kochbuch für die Halbzeitpause» bei, Olaf Nicolai verschönert die «Insel Schütt» mit bunten «Pavillons» in Form runder, vergitterter Spielplätze, die sich grösster Beliebtheit erfreuen, und Naville Gabies Plakatwände mit Fotos provisorischer Bolzplätze aus aller Welt fügen sich elegant ins Stadtbild ein. Dan Perjovschis Graffitis geben sich eher subtil - ebenso Jonathan Monks Minimalskulpturen in doppelter Anspielung auf Sol LeWitt und demolierte Fussballtore. Und auch die Leuchtskulptur von Silke Wagner ist mit ihrer komplexen Ikonographie des Fussballs im Dienste politischer Subversion äusserst dekorativ. Ein Schwachpunkt ist Alexandra Birckens Häkelei aus Fussballnetzen im Tiergärtner Tor, und am Ende fragt man sich, warum beim Titel wieder einmal der alte Dürer herbeizitiert werden musste, und warum man sich ausschliesslich auf die Touristenpfade konzentriert hat und das Stadium nebst Reichsparteitagsgelände nahezu unbeachtet blieb. Dorthin fährt immerhin der Bus der Linie 36 mit einer Videoarbeit von Uri Tzaig, in der Israelis gegen Palästinenser kicken - mit zwei Bällen. Abgesehen vom Skandal um Metzel hätte man dem Publikum gerne noch etwas mehr Stoff zur Konfrontation liefern können. Mit Katalog.
Zeitgleich zum «Rasenstück» findet in Nürnberg die Ausstellung «Die Schönheit der Chance» in der Reihe «Positionen + Tendenzen» im Kunsthaus, im Kunstverein/Albrecht Dürer Gesellschaft und im Institut für Moderne Kunst statt. Bis 9.7.
Zum Thema Fussball siehe auch den Fokus in dieser Ausgabe des Kunst-Bulletins.
Institutionen | Land | Ort |
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Kultur Information | Deutschland | Nürnberg |
Naville Gabie | |
Olaf Metzel | |
Jonathan Monk | |
Olaf Nicolai | |
Dan Perjovschi | |
Rirkrit Tiravanija | |
Silke Wagner | |
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Eva Scharrer |
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