Ueli Etter bei Hubert Bächler

Ueli Etter · «Hotel zum Reigen», 2006, Ausstellungsansicht, Galerie Hubert Bächler, Zürich

Ueli Etter · «Hotel zum Reigen», 2006, Ausstellungsansicht, Galerie Hubert Bächler, Zürich

Besprechung

Ueli Etter ist zum vierten Mal in der Galerie Hubert Bächler zu Gast und stellt eine neue installative Arbeit im Rahmen seines multimedialen, visionären Langzeitprojekts «Der Park» vor.

Ueli Etter bei Hubert Bächler

Anders als die kahlen In-Restaurants, in denen offenbar ein Vorhang-Tabu herrscht, ist die Galerie von Hubert Bächler zur Zeit mit farbigen Vorhängen bestückt. Zum Überdruss für Neopuristen sind diese mit Ornamenten bedruckt. Durch die an einer Stange aufgemachten Stoffbahnen wird ein gesonderter Raum definiert, der eine Hotel-Lobby vorstellen soll. Das Desk des Galeristen dient dabei als Reception. Japanisierende zylinderförmige Lampen tauchen den Raum in ein warmes Licht. Mit dem repetitiven Motiv eines tanzenden nackten Paares sind neben den Vorhängen die Lampen, die Wände, ja selbst die Bilder überzogen.

Hinter dieser verspielten Ausstattung und dem stimmungsvollem Ambiente würde man kaum eine utopische Vision vermuten. Eine Vision, die sich allerdings im Fiktiven erschöpft. Realisierungen sind nur als Modelle zugelassen und kommen in handwerklicher Form daher. So heisst das Hotel den Ornamenten entsprechend «zum Reigen» und stellt laut Pressetext «die neue Attraktion in Pea, der Hauptstadt der gewöhnlichen Ausschweifung» im multimedialen Projekt «Der Park» von Ueli Etter (*1963, Uhwiesen) dar. Schon seit neun Jahren arbeitet der in Berlin und Tel Aviv lebende Künstler an diesem Projekt, das aus Zeichnungen, virtuellen Tour-Guide-Performances und modellhaften Installationen besteht und mittlerweile zu einem Gesamtkunstwerk angewachsen ist. Dieses «Work in Progress» speist sich aus der Utopie eines surrealen, eigenartig versponnenen Erlebnisparks, welcher den Rahmen einer totalen Freizeitgesellschaft bildet. Dieser sind wir auch schon ganz nahe gerückt in Anbetracht der stetig steigenden Zahlen von Privatiers, Arbeitslosen und IV-Bezügern sowie von Horden von grauen Panthern, die man allmorgendlich Richtung Bahnhof eilen sieht. Die Arbeit an diesem imaginären Park, der trotz umfassender Eventkultur präzisen Reglementierungen unterliegt, lässt vorweg neue Plätze entstehen: Versorgungsstützpunkte, Ruhezonen, Casinos, Wehrtürme, Tunnels, Brunnen, Monumente usw. Abgesehen davon, dass das Thema an die Gattung der utopischen Literatur anknüpft, lässt sich der verwunschene Erlebnispark mit Thomas Otts «Cinema Panopticum», die surreale Cartoongeschichte eines Mädchens auf einem Rummelplatz, oder mit dem Sciencefictionfilm «Stalker» von Andrei Tarkovsky assoziieren. Doch im Gegensatz zu Otts und Tarkovskys magischen Welten bleiben die Besucher von Etters Park immer aussen vor.

Es gibt auch schon einen Führer zu Etters futuristischer Fantasiewelt, der 2001 im Vice Versa Verlag erschienen ist und Regeln für die «Zonen»-Reisenden bereithält. Mit den farbenprächtigen Computergrafiken, welche von skurrilen Geschichten ergänzt werden, stellt dieser Führer ein eigenes Kunstwerk dar und lädt ein, den surrealen Geschichten, welche sich innerhalb von Parkzonen mit den märchenhaften Namen wie «Heartland», «Sentimental Kingdom», «Delta» oder «Sugar Desert» abspielen, nachzugehen. Gleichzeitig macht das Büchlein bewusst, dass durch eine etwaige Umsetzung der darin fabulierten Storyboards in ein computergeneriertes Fantasyspiel jegliche Spannung verloren gehen würde.

Bis 
14.07.2006
Autor/innen
Dominique von Burg
Künstler/innen
Ueli Etter

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