Katharina Fritsch

Katharina Fritsch · Frau mit Hund, Schirme und Paris-Postkarten, 2004, Polyester, Aluminium, Eisen, Farbe, Ausstellungsansicht Matthew Marks Gallery, 2004 © ProLitteris, Zürich

Katharina Fritsch · Frau mit Hund, Schirme und Paris-Postkarten, 2004, Polyester, Aluminium, Eisen, Farbe, Ausstellungsansicht Matthew Marks Gallery, 2004 © ProLitteris, Zürich

Besprechung

Mit Katharina Fritsch wird im Bührlesaal von 1958 erstmals eine lebende Künstlerin in einer Einzelausstellung vorgestellt. Zu sehen sind nicht nur ihre bekannten ikonischen Skulpturen, sondern auch ganz neu entstandene Werke voller Frische und atmosphärischer Dichte.

Katharina Fritsch

«Das ist Schaumi», meint Katharina Fritsch (*1956) vor einem schwarzweissen Riesensiebdruck eines wellenreitenden Surfers lachend - in Anspielung an die berühmte «Schaumgeborene» von Botticelli. Zusammen mit Fotografien von männlichen Pin-Ups und einem fabrikneuen französischen Bett ist er Teil eines neu entstandenen Raumensembles. Das weibliche Pendant dazu begegnet uns in einer rosa Muschelfrau mit Hund, 2004. Sämtliche Klischees eines Paris-Aufenthaltes finden sich hier versammelt. Die «Pariser Luft» wird mit an der Decke schwebenden Schirmen und vergrösserten Postkartenbildern dargestellt, während kunsthistorische Motive wie Rocailles und die «Vagina Dentata» - ein Motiv der Surrealisten - auf einen mondänen, erotisch gefärbten Lebensstil hinweisen.
Nichts Gutes verheisst ein am Eingang stehender, hellgelber Koch, der dem Besucher in leicht vorgebeugter Haltung einen hellgelben Teller mit hellgelben Speisen präsentiert. Die wuchtige Figur steht vor einem grossen Bild eines folkloristischen, nicht gerade einladenden «Schwarzwaldhauses», 2006/2008. Der hier anklingenden ambivalenten Gefühlslage und dem kernigen Humor begegnet man beim Rundgang immer wieder. Gleichzeitig verraten die aktuellen Werke der Künstlerin ein verstärktes Augenmerk auf das Atmosphärische. So schafft sie räumliche Bilder, indem sie Skulpturen mit den seit 2001 entstandenen grossformatigen Siebdrucken kombiniert. In der Ausstellung sind sie zu einer geradezu filmischen Abfolge verdichtet.
Im Gegensatz dazu thematisieren die frühesten Werke der Ausstellung Aspekte der Minimal Art und der Pop-Art. Vor dem Hintergrund minimalistischer «Landschaften» stehen neben einem «Wühltisch», 1987/89, Warengestelle mit gelben Madonnenfiguren und Vasen-Multiples. Ihr zeichenhafter Charakter resultiert nicht nur aus der seriellen Disposition, sondern auch der präzisen Bearbeitung der Objekte, die mit einer monochromen Farbschicht überzogen sind. Immer wieder ist man überrascht, wie unglaublich präsent die lebens- oder überlebensgrossen Skulpturen sind, die zum Aushängeschild der Künstlerin wurden: Man denke nur an den «Elefanten», 1987, oder an die albtraumartige «Tischgesellschaft», 1988, mit zwei langen Reihen identischer männlicher Figuren, die sich an einem Tisch gegenübersitzen und die nun im aktuellen Kontext an undurchschaubar agierende Finanz-Potentaten denken lassen. In ihrer symbolischen Eindringlichkeit erhellt diese Szene einmal mehr die zeitlose Dimension von Katharina Fritschs Kunst.

Bis 
29.08.2009

Katalog Hatje Cantz Verlag, Ostfildern

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