Peter Aerschmann — I Miss You
Aus unzähligen Fotografien und Videoaufnahmen kombiniert der Medienkünstler Peter Aerschmann eine Weltsicht, die hintergründig und kritisch in meist kurzen, surrealen und rätselhaften Loops trotz aller Leichtigkeit existenzielle Fragen berührt. Ihm ist nun eine breit angelegte Schau gewidmet.
Peter Aerschmann — I Miss You
Freiburg — ‹I Miss You›, 2020, das Hauptwerk, ist ein farbenfrohes Tableau vivant, das Touristinnen und Städtebummler mit über den Kopf gestülpten Verkehrskegeln vor einem tiefblauen Hintergrund zeigt. Gesichtslos sieht man sie auf ihre Handys starren, Selfies schiessen und Whatsapp-Nachrichten tippen. Durch ihre Tätigkeit absorbiert, nehmen sie ihre nächste Umwelt nicht wahr. Diesen Zustand visualisiert Peter Aerschmann (*1969, Freiburg), indem sich die Figuren langsam und schwebend in einer digitalen Blase bewegen und immergleiche, nichtssagende Gebärden ausführen. Der in Bern lebende Künstler ist ein passionierter Reisender. Davon legt ein gigantisches Archiv aus Fotografien und Videos ein beredtes Zeugnis ab. Daraus wählt Peter Aerschmann einzelne Figuren oder Objektgruppen aus, isoliert sie am Computer aus ihrem ursprünglichen Kontext und fügt sie zu Fotocollagen oder geloopten filmischen Sequenzen zusammen, wobei die Vielfalt des gleichzeitig Möglichen ausgereizt wird. Die Figuren, Dinge, Zeichen und Symbole agieren in scheinbar realistischen Szenarien. Die Bewegungsabfolgen in Zeitlupe befremden allerdings und machen uns bewusst, dass wir es mit einem Konstrukt der Realität zu tun haben. Die Künstlichkeit der Figuren und die Bühnenhaftigkeit der Szenerien werden durch die starken Schattenwürfe noch verstärkt. Die repetitiven Handlungen in wechselnden Rhythmen und die oft interferierenden skurrilen Verknüpfungen entbehren nicht der Komik – mit ernstem Unterton. Wenn etwa im Video ‹Eyes› muslimische Frauen im Niqab in Alexandria auf schwer bewaffnete, vermummte Polizisten in schwarzen Uniformen aus New York City stossen, kollidieren und verschränken sich zwei Welten im virtuellen Raum. Gewollt oder ungewollt evoziert die Begegnung reale soziale, politische und kulturelle Spannungen. Die Loops laufen in absoluter Stille ab und zeigen die Protagonisten scheinbar gefangen in ihrem Alltagstrott. Dennoch versichert Peter Aerschmann an der Pressekonferenz, dass er keine konkreten Botschaften vermitteln wolle. Eher will er mit den Arbeiten Erinnerungen evozieren oder Fenster zur Welt öffnen. Die Szenen wirken in den fragmentierten Bildern, die aus der Zeit und dem Raum gefallen zu sein scheinen, mal unwirklich, bedrohlich, mal fern oder nah.
→ ‹Peter Aerschmann – I Miss You›, Musée d’Art et d’Histoire Fribourg, bis 20.9.; vom 1. bis 20.9. sind Videos des Künstlers an diversen Orten der Stadt zu sehen.
↗ www.mahf.ch
Institutionen | Land | Ort |
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Peter Aerschmann |
Dominique von Burg |