Eiszeit im Kunstmuseum
Mit der Ausstellung «Eiszeit» wirft das Kunstmuseum Bern einen Blick in die Bestände der einheimischen Sammlungen zeitgenössischer Kunst und gibt gleichzeitig den Takt an für das künftige Museum für Gegenwartskunst.
Eiszeit im Kunstmuseum
Was für Kunst wird es wohl zu sehen geben? Woher soll sie kommen? Und wie wird sie präsentiert werden? Noch ehe wir angesichts der erst kürzlich offiziell angekündigten Realisierung eines Museums für Gegenwartskunst in Bern solche Fragen überhaupt formulieren konnten, scheinen die Antworten bereits vorzuliegen – in Form der Ausstellung «Eiszeit», die uns derzeit im Untergeschoss des Kunstmuseums frösteln lässt. Ralf Beil und Marc Fehlmann, die Kuratoren der Schau, weisen explizit auf deren «Modellcharakter» für das neue Museum im benachbarten Progymnasium hin. Nehmen wir diese Ankündigung ernst, so wird es in dem neuen «MGK» vorwiegend Kunst der achtziger und neunziger Jahre in kunsthistorisch abgesicherter Qualität zu sehen geben: Namen wie Ian Anüll, Fischli/Weiss, Roman Signer, Thomas Hirschhorn oder Luc Tuymans legen den Massstab fest. Die entsprechenden Werke werden vorwiegend aus den Beständen des Kunstmuseums sowie aus den Sammlungen der Stiftung Kunst Heute und der Stiftung Kunsthalle Bern stammen. Präsentieren schliesslich wird sich die ganze Kunst grösstenteils in Künstlerräumen – in der aktuellen Schau nämlich steuert nahezu jeder der elf Protagonisten in einem eigenen Saal durchs Eis. Respekt vor Künstler und Werk werden also den Ton in dem neuen Haus bestimmen.
Dass es trotz solchen Respektes möglich ist, eine schlüssige Ausstellung zu einem Thema zu realisieren, zeigt «Eiszeit» mit Geschick. Die Schau geht ihr Thema sowohl auf einer wörtlichen als auch auf einer metaphorischen Ebene an, führt das Eis mal ganz nah an unsere Haut, mal ganz nah an unsere Gedanken. So passen die in einem begehbaren Gefrierschrank aufgereihten Porträtköpfe aus Eis von Franticek Klossner genauso ins kühle Bild der Schau wie Ian Anülls rote Wand mit der kyrillischen Aufschrift «Produkt», die hier als Zeichen der gnadenlosen Kälte der einstigen sowjetischen Produktionsgesellschaft gelesen werden kann. Lässt uns Inigo Manglano-Ovalle vor dem Bild eines Eisbergs aus beschlagenen Gläsern Eiswasser schlürfen, so fühlen wir uns genauso unterkühlt, wie uns angesichts von Bildern aus der «Wurstserie» von Fischli/Weiss ein frostiges Lachen packen kann – namentlich, wenn die Titanic in Form eines Stabmixers zwischen Styroporschollen in der Badewanne versinkt.
Trotz aller Konditionierung unseres Blicks, die eine solch thematische Schau immer mit sich bringt, können sich die einzelnen Arbeiten recht frei entfalten. Natürlich haben wir das «Buffet» von Thomas Hirschhorn, ein grimassierender Dankesaltar für die Segnungen der Konsumwelt, schnell mit der Kälte unserer Warenwelt in Verbindung gebracht. Und selbstverständlich weht uns aus Luc Tuymans an den Rand der Sichtbarkeit gesetzten Menschenbildern der kühle Hauch erkalteter Zwischenmenschlichkeit entgegen. Aber gerade weil all die Arbeiten in einem so einfachen und geradlinigen Bezug zum Thema der Ausstellung stehen, können wir uns auch darüber hinwegsetzen und eigene Lektüren versuchen. Eiszeit yes – some like it hot. Katalog.
Institutionen | Land | Ort |
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Kunstmuseum Bern | Schweiz | Bern |
Ausstellungen/Newsticker | Datum | Typ | Ort | Land | |
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Eiszeit - Kunst der Gegenwart (Berner Sammlungen) | 21.07.2000 – 01.10.2000 | Ausstellung | Bern |
Schweiz CH |
Ian Anüll |
Peter Fischli |
Thomas Hirschhorn |
Roman Signer |
Luc Tuymans |
David Weiss |
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Samuel Herzog |