«The Expanded Eye» im Kunsthaus
Die Ausstellung führt anhand von 120 kinetischen Objekten, Gemälden, Raum- und Videoinstallationen von den 1940er Jahren bis heute vor, wie sehr sich unser Wahrnehmungsvermögen und Realitätsverständnis seit der Nachkriegszeit gewandelt haben.
«The Expanded Eye» im Kunsthaus
Als gesetztere Betrachterin fühlt man sich an die Zeiten erinnert, als man gebannt auf psychedelische Bilder starrte oder sich nach der Einnahme eines LSD-Trips mit Zeichenstift oder Pinsel vor ein leeres Blatt Papier setzte und ungeduldig auf Wirkung wartete. Diese Versuche erkennt man nun in den hier gezeigten «Dessins mescaliniens», 1956-1958, von Henri Michaux wieder.
Auch ohne bewusstseinserweiternde Drogen könnte einem im Foyer des Bührlesaals etwas komisch werden, wäre unser visuelles Aufnahmevermögen nicht durch exzessiven Bilderkonsum und durchs Zappen längst «entgrenzt»: Bewegungseffekte und optische Irritationen, wohin man blickt. Moirés, die vor den Augen herumtanzen, ein Rotationsbild von Alfons Schilling oder Victor Vasarelys schwarzweisse Bilder mit geometrischen, seriell angeordneten Mustern, die vibrierende Effekte erzeugen. Auch die Arbeiten von Bridget Riley oder François Morellet machen uns taumeln, während kinetische Objekte, die mit der Op Art eng verwandt sind, das Kindliche und Spielerische aktivieren. Im Jahr 1965 jedenfalls, als mit der Ausstellung «The Responsive Eye» im Museum of Modern Art in New York die Op Art vorgestellt wurde, war das Auge des damaligen Publikums schlicht überfordert. An jene Ausstellung knüpft «The Expanded Eye» (zu Deutsch: das erweiterte Sehen) an. Sie versucht aufzuzeigen, wie sich dank dem selbstreflexiven Sehen in den letzten fünfzig Jahren unsere Wahrnehmung und entsprechend die Kunst verändert haben.
Dieses Feld haben schon Marcel Duchamp und Man Ray in den 1930er Jahren vorbereitet, als sie an kinetischen Licht- und Bewegungsobjekten bastelten. Entscheidende Einflüsse gingen auch von der in den siebziger Jahren aufgekommenen Hologrammtechnik aus (David Weiss, Salvador Dali, Bruce Naumann) oder von den Lichtinstallationen eines Julio le Parc, der 1960 zusammen mit François Morellet, Jean-Pierre Vasarely und anderen die Künstlergruppe GRAV (Groupe de Recherche d´Art Visuel) gegründet hatte. Ohne diese Vorbilder wären beispielsweise Pipilotti Rists verflüssigte Bilder nicht möglich gewesen.
Die Kuratorin Bice Curiger zeichnet solche Entwicklungen nach, indem sie immer wieder aktuelle Arbeiten mit Blick zurück auf die «historischen» optischen und kinetischen Objekte vorstellt. Viele junge Künstler beziehen sich motivisch und inhaltlich reflektierend auf die optische und kinetische Kunst der sechziger Jahre, so Carsten Höller, Olafur Eliasson oder Pierre Schwerzmann. So wie Anthony McCall seine hybriden Arbeiten aus Performance und Experimentalfilm entwickelt, so haben viele Videoschaffende seit den neunziger Jahren Formen des Experimentalfilms und des Expanded Cinema aufgenommen. Dass in den Experimentalfilmen der fünfziger und sechziger Jahre die kreativen Vorleistungen für die heutige Video- und Multimediakunst liegen, wird hier mit einem ausgesuchten Programm bewusst gemacht, womit die wunderbar inszenierte Schau auf einen blinden Fleck der Kunstgeschichte verweist. Mit Katalog.
Institutionen | Land | Ort |
---|---|---|
Kunsthaus Zürich | Schweiz | Zürich |
Dominique von Burg |
Olafur Eliasson | |
Carsten Höller | |
François Morellet | |
Bridget Riley | |
Alfons Schilling | |
Pierre Schwerzmann | |
Victor Vasarely | |
Mehr... |