Roni Horn — Wits’ End Sampler

Roni Horn · Yet 2, 2013/2017. Pigment, Graphit, Kohle, Buntstift, Lack auf Papier, 281,3 x 257,8 cm

Roni Horn · Yet 2, 2013/2017. Pigment, Graphit, Kohle, Buntstift, Lack auf Papier, 281,3 x 257,8 cm

Besprechung

Roni Horn überrascht immer wieder – was allerdings kein Wunder ist, steht doch die Idee von Wandelbarkeit im Zentrum ihrer medial vielseitigen Werke. Grossformatige Zeichnungen geben nun einen Einblick in die weiten, scheinbar unbegrenzten Gedankenräume der amerikanischen Künstlerin.

Roni Horn — Wits’ End Sampler

Zürich — Riesige Collagen aus zerschnipselten Zeichnungen überziehen die Wände. Von fern muten sie wie biomorphe Konstellationen an. Aus der Nähe gewinnt man den Eindruck von Stadtplänen und architektonischen Anlagen. Sie erinnern an ‹Collage City›, 1984, von Colin Rowe und Fred Koetter, die in ihrer Kritik an den Idealvorstellungen der modernen Architektur und des Städtebaus für Ordnung und Unordnung als notwendige Bestandteile jedes städtischen Gefüges plädierten. Die Collage wird dabei als Verfahren des Architekten propagiert, das Vorhandene als Grundlage für die Weiterentwicklung der Stadt zu nutzen. Zunächst zeichnet Roni Horn (*1955, New York) mit Pigment, Farb- und Graphitstift sowie Kohle, um die Arbeiten dann zu zerschneiden und neu zusammenzusetzen. Die Blätter mit den eingestreuten Wortfetzen wie «Black Sea», «Hanoi» oder «Witchcraft» erinnern an Palimpseste; Texte, die unter dem lesbaren Text einen oder mehrere, weitgehend getilgte Texte enthalten. Zeichnen ist für Roni Horn wie Atmen. Sie umschreibt Identität und Wandelbarkeit, indem sie die Veränderbarkeit von -Erscheinungen hervorhebt, die sich gleichzeitig doch immer gleichbleiben. Immer wieder führt die Künstlerin vor, dass sichtbare Erscheinung vom Wesen der Dinge abweichen können. In konzeptuell angelegten Fotoserien hält sie Motive wie Wasser, Wolken, Landschaften und Gesichter fest; so in Nahaufnahmen die Themse oder den isländischen Fluss Skaftá, mal dunkel ruhend, mal schäumend bewegt und reflektierend im Wechsel von Licht und Wetter. Das sich stets verändernde Element Wasser ist für Roni Horn seit jeher untrennbar mit der Frage nach Identität verknüpft. Mit ihren von den regelmässigen Islandreisen inspirierten Arbeiten gelangt die Künstlerin keineswegs ans Ende ihrer Weisheit, wie der Ausstellungstitel suggerieren mag. Die neue Wandinstallation ‹Wits’ End Sampler›, was auf Englisch «Verstand» und auch «Witz» bedeutet, sprudelt über mit Redewendungen wie «does a bear shit in the woods?» oder «and the Moon is made of green cheese». Die von Roni Horns Mitarbeitern und Besucherinnen hingekritzelten und auf Siebdrucken festgehaltenen Notizen sprechen von ihrem spielerischen Umgang mit Sprache und Literatur. So können die Arbeiten als Kartografien der Elemente interpretiert werden, die Roni Horn in ihrem Werk entwickelt. Die Ausstellung scheint eine Art vorläufige Bilanz eines Werks zu ziehen, das dem Wunsch entspringt, das Verborgene, das Wesentliche sichtbar zu machen.

Bis 
01.09.2018

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