Parkett — (Selbst)Porträts

(Selbst)Porträts, Installationsansicht Parkett-Ausstellungsraum, Zürich, 2020; Wandarbeit: Shirana Shahbazi; ­Rückwand: Ed Atkins, Jeff Koons (links), Maurizio Cattelan (rechts) u. a.

(Selbst)Porträts, Installationsansicht Parkett-Ausstellungsraum, Zürich, 2020; Wandarbeit: Shirana Shahbazi; ­Rückwand: Ed Atkins, Jeff Koons (links), Maurizio Cattelan (rechts) u. a.

(Selbst)Porträts, Installationsansicht Parkett-Ausstellungsraum, Zürich, 2020;  im Vordergrund: Werke von Andy Warhol, Urs Fischer; Hinterwand: Pipilotti Rist, Lucy McKenzie u. a.

(Selbst)Porträts, Installationsansicht Parkett-Ausstellungsraum, Zürich, 2020;  im Vordergrund: Werke von Andy Warhol, Urs Fischer; Hinterwand: Pipilotti Rist, Lucy McKenzie u. a.

Besprechung

Gross war die Gefahr, dass die Ausstellung mit über 90 Porträts, die Künstler und Künstlerinnen als Editionen für Parkett realisiert hatten, zu einem Potpourri ausartet. Doch die Kuratorin Jacqueline Burckhardt entwickelte ein einzigartiges modellhaftes Gesamtkunstwerk als Bühne für die medial vielfältigen Werke.

Parkett — (Selbst)Porträts

Zürich — Betritt man den Ausstellungsraum von Parkett, wird der Blick sogartig in die hintere Ecke gezogen, deren Wände Shirana Shahbazi mit dunkelblauen, schwarzen und pinkfarbenen Tönen besprayte. Dieses Wallpainting spielt mit einer mäandrierenden hüfthohen Tischlandschaft zusammen, worauf die Arbeiten meist auf zylinderförmigen, unterschiedlich hohen Kartonsockeln angeordnet sind. Von Jacqueline Burckhardt entwickelt, war diese Installation erstmals 2014 in der Überblicksschau ­‹Cornucopia› im Parkett-Raum zu sehen. Nun bildet sie das Setting der von Burckhardt raffiniert choreografierten aktuellen Ausstellung. Mit Fokus auf Porträts und Selbstporträts, ausgerichtet an multifokalen Kriterien, gewährt sie einen Überblick über die in mehr als dreissig Jahren von Kunstschaffenden für die Zeitschrift entstandenen Editionen. Beim Hängen und Einrichten orientierte sich die ehemalige Mitherausgeberin des Magazins an formalen, ästhetischen, ideellen und inhaltlichen Gesichtspunkten. In einen neuen Kontext gesetzt, entfalten sich zwischen den Arbeiten überraschende Geschichten; so Jeff Koons’ Selbstporträt mit einem Schwein auf einem Porzellanteller in Kombination mit dem auf Gummi gedruckten, gequält wirkenden Gesicht von Ed Atkins’ Avatar.
Die präsentierten Arbeiten reizen die seit der Antike ungebrochene Faszination für das Porträt aus. So steckt hinter der irritierenden, traditionell wirkenden Studie von Glenn Brown, ‹Disorder›, 2005, das Foto eines historischen Porträts, das mit Pinselstrichen im Digitaldruck überlagert ist. Während Pipilotti Rist sich mit herausgestreckter Zunge und nackten Brüsten in ‹I’ve Only Got Eyes for You — (Pin Down Jump Up Girl)›, 1996, als lüsternes Weib darstellt, wirken Gilbert & George in ihrer properen Selbstinszenierung von 1987 fast noch wie Schulbuben. Als Knüller kommt Maurizio Cattelans Instagram-Bild daher, das eine Faust geschmückt mit Siegelring – ähnlich demjenigen von Papst Johannes Paul II. – zeigt. Der Ring erscheint auch in ‹La Nona Ora›, 1999, der lebensgrossen Skulptur des von einem Meteoriten getroffenen Papsts. Die aktuelle Ausstellung reiht sich in die Präsentationen im Löwenbräu, die seit 2013 jeweils einzelne Aspekte des kollaborativen Gesamtprojekts mit insgesamt 270 Kunstschaffenden näher vorgestellt haben: 2019 wurden mit ‹Photo› alle fotografischen Beiträge seit 1984 gezeigt, während ‹Small is Beautiful›, 2014, auf kleinformatige Editionen fokussierte. 

Bis 
30.09.2020

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