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02 Schreibwerkstatt – Print lebt

Der Abgesang auf Printprodukte aller Art hält schon lange an, doch die VOLUMES Independent Art Publishing Fair in der Kunsthalle zeigt: Totgesagte leben länger – und finden neue Überlebensstrategien.

Kunsthalle Zürich – Es ist Freitagabend und die Ausstellungsräume der Kunsthalle sind voll, die Luft schlecht. Es ist warm, die Luft riecht nach Bier, Menschen und - das ist das Wichtigste und gleichzeitig Angenehmste - frischgedruckten Büchern, Magazinen, Postern und Prints. An über siebzig Ständen präsentieren Verlage, Kunsthochschulen und kreative Einzelpersonen ihre manchmal abseitigen, manchmal konventionellen, aber immer liebevoll gestalteten Erzeugnisse auf Papier. Es sind solche Gelegenheiten, bei denen man sich wünscht, reich zu sein. Oder zumindest etwas Geld zur Verfügung zu haben, um ohne Reue einzukaufen. Man stösst, wie passend, auf ‹Money› von Prill Vieceli Cremers. Es ist bei Edition Patrick Frey erschienen und zeigt Bilder auf Banknoten dieser Welt. Die Idee klingt trivial, doch entwickelt sie in der Publikation grossen Reiz: So ist zum Beispiel das Papier des Buches dem von Banknoten nachempfunden. Auf Nachfrage findet man heraus, dass es nur eine einzige solche Papiersorte gibt, deren Verwendung die Publikation entsprechend teuer macht. Sie kostet sechzig Franken. Die Einzelausschnitte der Geldnoten in ‹Money› sind so vergrössert, dass sie ikonische Qualität bekommen und der Einsatz nur weniger farbiger Seiten ist bedacht, selektiv und überzeugend. Die Pastellfarben, die in der Gestaltung von Geldnoten häufig verwendet werden, lassen sich auf den ersten Blick als genau solche Geldfarben erkennen, wenn man durch die Publikation blättert.

Über dem Stand des Verlags hängt – auch das übrigens ein Trend, der auf der VOLUMES allerorten zu beobachten ist – ein Foulard. Es ist nicht das einzige Kleidungsstück oder Accessoire, das man in der Kunsthalle kaufen könnte: Es gibt Schals von der Écal oder dem Verlag Präsens Editionen aus Luzern, Socken und T-Shirts, Pins und Sticker. Eine Erklärung für diese Accessoirehäufung könnte sein, dass zwar das Interesse an Print ungebrochen gross ist, die Leute aber oft eher bereit sind, Geld für etwas anderes, weniger Spezifisches auszugeben. Merchandising-Produkte wie Socken oder Schals stellen Zugehörigkeit und Identifikation her, ohne sich tiefergehend mit einem Thema auseinandersetzen zu müssen. Es ist die Oberfläche zur dazugehörigen Substanz. Und so schaut man sich noch weiter um, unterhält sich mit Verlegerinnen und Künstlern und muss erkennen: Zumindest am Freitag laufen die Verkäufe schleppend, obwohl viel geguckt, nachgefragt und interessiert geblättert wird. Der Fotograf Alexander Bondar zum Beispiel betreibt gemeinsam mit Tatyana Palyga das Zoopark Publishing, um ein Gefäss für die Publikation seiner eigenen Arbeiten zu haben. Er reiste aus Berlin an, war dieses Jahr auch schon in Köln, Kassel und Bremen, denkt aber darüber nach, die Teilnahmen an Kunstbuchmessen zu reduzieren: «Es lohnt sich einfach nicht. Die Anreise, die Übernachtungen und die Logistik kosten viel Geld, und oft verkaufen wir zu wenig.» Bei all dem Herzblut, das in den Publikationen von Zoopark Publishing und all den anderen kleinen und grossen Verlagen auf der VOLUMES steckt, kann man nur hoffen, dass die Kauflaune am Samstag und Sonntag grösser ist.

Mathis Neuhaus (*1991) lebt in Zürich und ist freier Journalist in den Bereichen Kunst, Musik und Popkultur. hello@mathisneuhaus.de
 

Schreibwerkstatt ist ein Projekt von Kunstbulletin und Kunst: Szene Zürich 2018.

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