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15 Schreibwerkstatt— Blau machen

Kann man das Leben lernen? Ist es wichtiger, fehlerfreie Bruchrechnung zu beherrschen, ein Bett aufbauen zu können oder mehrere Sprachen zu sprechen? Trumpft akademisches Wissen das praktische? Oder ist es andersrum? Und wo lernt es sich am besten? 

Kunsthalle Zürich – Die lange Woche der Kunst: Szene Zürich neigt sich dem Ende zu und hat noch einmal ein ambitioniertes Angebot in petto. In der Kunsthalle findet zum dritten Mal die Schule des Lebens statt, eine von Barbara Weber, Lily-Pauline Koper und Daniel Baumann konzipierte Unternehmung, die sich selbst als Hybrid zwischen «Vortrag, Bühne, Universität, Schule und Beiz»versteht. Erfahrungen und Empfehlungen in den unterschiedlichsten Betätigungsfeldern zu sammeln sei das Ziel, so die Auskunft im Programmflyer. Und eine illustre Gruppe Lehrender hat sich auch gefunden: unter anderem Cathérine Hug, die Kuratorin des Kunsthaus Zürich, der Kunstsammler Ruedi Bechtler, die Künstlerin und Inhaberin des Offspace message salon Esther Eppstein oder Peter Haerle, Direktor Kultur der Stadt Zürich. Sie alle stehen bereit für etwa 15 Minuten dauernde Einzelgespräche zu Themen, mit denen sie sich Tag für Tag auseinandersetzen. Komplementiert wird das Programm durch Vorträge von Daniel Binswanger, dem Co-Leiter des Feuilletons der Republik, Antje Stahl von der NZZ oder Franz Schultheiss, der an der Universität St. Gallen Soziologie lehrt und über Kunst als Beruf doziert.

Jedoch: Institutionalisierte Schulangebote provozieren, sie zu schwänzen. Denn die wirkliche Schule des Lebens, so könnte man argumentieren, findet nicht in der Kunsthalle statt, sondern draussen, in der Welt, in der Stadt, die sich an diesem erstaunlich warmen Dezembersamstag besonders einladend zeigt. Oder in der Natur, vielleicht mit einem Buch, das man auf dem Flohmarkt gefunden hat, in einem Café. Oder mit Freunden in einer Bar, im Kino, bei zufälligen Begegnungen mit Menschen, die ganz anders sind, als man selbst. Es regt sich leichter Widerstand gegen eine vorgegebene und strikt durchgetaktete Kanonisierung, die natürlich, im Rahmen der Kunst: Szene, vor allem entlang lokaler Perspektiven auf Kunst, Kunstförderung oder Stadtentwicklung gestaltet ist. Das ist nachvollziehbar und zu einhundert Prozent legitim, aber ist das wirklich das Leben? Vielleicht verhindert aber auch einfach der eigene Energiespeicher, der nach dieser fordernden Woche ziemlich aufgebraucht ist, dass man sich einen Samstag lang in Einzelgespräche stürzt.

Kurz vorbeischauen muss man dann aber trotzdem – und in einer Pause verschwinden, ganz wie früher. Barbara Preisig, die Redaktorin des Onlinemagazins Brand-New-Life, hält einen Vortrag über Leben, Kunst und Kritik und wie all das zusammenhängt. Institutionskritik, Demokratisierung und Repräsentation sind alles Themen, die sie interessieren und deren Relevanz sie mit Blick auf Brand-New-Life darlegt. Die Stuhlreihen weisen einige Lücken auf, viel ist nicht los. Vielleicht haben auch andere sich dazu entschieden, lieber draussen zu lernen. Danach spricht man noch kurz mit dem Künstlerduo Veli & Amos darüber, ob Streetart ein Schimpfwort ist. Klare Antwort: Nein. Denn auf der Strasse verlässt man den geschützten Raum, lässt sich darauf ein, dass Unvorhersehbares passieren kann und vermutlich passieren wird, und kanalisiert all das in kreative Energie. Streetart als Schule des Lebens?

Mathis Neuhaus (*1991) lebt in Zürich und ist freier Journalist in den Bereichen Kunst, Musik und Popkultur. hello@mathisneuhaus.de

Ausstellungsort: Kunsthalle Zürich
Ausstellungsdauer: 23.11.–2.12.

www.kunsthallezurich.ch
www.kunstszenezuerich.ch
www.artlog.net/notebooks

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KUNST: SZENE ZÜRICH: SCHULE DES LEBENS - Event Zürich Schweiz
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Kunst: Szene Zürich 2018 - Ausstellung Zürich Schweiz
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