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16 Schreibwerkstatt – Willkommen: Zürich-Asmara-Bagdad-Colombo und ‹Kunstankäufe der Stadt Zürich›

Wer hat nicht mitgemacht? Wer ist dem Aufruf zur Teilnahme an der Kunst: Szene Zürich nicht gefolgt? Vermutlich gab es verschiedene Gründe, sich nicht zu engagieren. Dass aber auch viele künstlerisch tätige Migrant/innen fehlten – das ist Nadja Baldini und Vreni Spieser aufgefallenund sie wollten wissen, warum.

Helmhaus — Am Samstagnachmittag, 1. Dezember, sind im Foyer des Helmhaus etwa vierzig Personen zusammengekommen. Es gibt süssen, starken Tee aus marokkanischen Teegläsern, Wein und Wasser und ein Buffet mit arabischen Köstlichkeiten. Nadja Baldini, Kuratorin, und Vreni Spieser, Künstlerin, informieren. «Wir wollten herausfinden, wer in der Kunst: Szene Zürich 2018 nicht dabei ist und warum. Gibt es eine oder mehrere ‹unsichtbare Kunstszenen›, die aus verschiedenen Gründen nicht erreicht werden, sich nicht angesprochen fühlen oder ungewollt oder gewollt am Rande positioniert sind?» Baldini und Spieser haben zusammen mit dem irakischen Künstler Wamid Al-Ameri recherchiert, Kontakte aufgenommen, Gespräche geführt und auf Instagram (www.instagram.com/from_here_and_everywhere/) nun eine Liste mit 22 Namen erstellt von künstlerisch tätigen Personen mit migrantischem Hintergrund. Paloma Ayala bspw. ist 1980 in Mexiko geboren, lebt seit 2010 in der Schweiz und hat 2017 an der ZHdK ihren Master gemacht. Mahroo Movahedi ist 1985 im Iran geboren, hat dort den Bachelor und Master absolviert, ist 2013 in die Schweiz gekommen und hat an der ZHdK erneut den MFA gemacht. Vijayan Pakkiyanathan war in Sri Lanka als Journalist und im Theaterbereich engagiert, bevor er dreissigjährig sein Land verlassen hat. 2007 ist er in die Schweiz gekommen und hat in Zürich das Experi Theater aufgebaut. Die Gründe, warum diese Künstler/innen nicht bei der Kunst: Szene mitmachten, variieren. Ein grosses Hindernis war sicher die Sprache, für einige darüber hinaus das nicht ganz einfach zu verstehende Format der diesjährigen Ausschreibung. Ein weiteres Problem waren die Kanäle, über welche die Informationen gestreut wurden. Das Ausbleiben war aber auch darin begründet, dass eine Künstlerin nicht mehr wirklich in Zürich lebt, oder ein Künstler das Feld der bildenden Kunst nicht als das seinige erachtet. Eine «unsichtbare Kunstszene», sagt Baldini, gibt es nicht. Das Helmhaus hat sich seit geraumer Zeit mit verschiedenen Projekten als Institution positioniert, der es ein Anliegen ist, «Fremde» willkommen zu heissen. Simon Maurer, Leiter des Helmhaus, ergänzt denn auch die Einführung von Baldini und Spieser: Auch 2019 werde die Institution den Blick auf Migrant/innen richten und versuchen, sie zu integrieren.

Als städtische, der Präsentation zeitgenössischer Schweizer Kunst gewidmete Institution war das Helmhaus in früheren Jahren häufig das Zentrum der vorweihnachtlichen Szene-Ausstellungen. In diesem Jahr werden hier parallel zur Kunst: Szene die ‹Kunstankäufe der Stadt Zürich 2011–2018›gezeigt. Das passt, insofern es sich um Zürcher Künstler/innen handelt, deren Arbeiten auf diese Weise Teil des zehntägigen Ausstellungsmarathon ssind. Und die Qualität der Ausstellung ist phantastisch. Luigi Archetti, Künstler, und Sabine Rusterholz Petko, Kuratorin, haben aus den 250 Erwerbungen der letzten sieben Jahre eher sperrige Arbeiten ausgewählt, deren Präsentation in Büro- und Amtsräumen, Schulen, Spitälern und Krankenhäusern – den Orten, die sich aus der Sammlung bedienen können – schwierig ist. Im Helmhaus entfalten sie nun ihre ganze Pracht und nehmen Kontakte zu umgebenden Skulpturen, Installationen, Fotografien oder Zeichnungen auf. Denn die Räume sind thematisch konzipiert, eine Arbeit von Relax (chiarenza & hauser & co.), die sich mit der «creative industry» beschäftigt, schaut auf Patrick Grafs urkomische Darstellung der Aktivitäten des Unternehmens ‹Möbeltransport› herab. Das den digitalen Errungenschaften zu verdankende ‹Opera Calling›, 2007, der !Mediengruppe Bitnik tritt neben Vanessa Billys ‹Keeping it real (In a bundle)›, 2016, auf, einem bunten Kabelgeschnüre, in welchem sich der gemeinhin unsichtbare Kosmos des Digitalen materialisiert. Und neben diesen Kommunikationen, welche die Arbeiten in ihrer Besonderheit zum Sprechen bringen, sind es schlicht auch die Werke selbst, die beeindrucken. Mélodie Moussets zusammen mit dem Keramiker Mark Zumstein erstelltes ‹Impulsive Control›, 2012, in welchem der Kopf der Künstlerin über ihrem nackten Körper als erschreckend formbare Masse rotiert, übt fast hypnotische Wirkung aus.

Brita Polzer, Redaktorin Kunstbulletin, Dozentin F+F, polzer@kunstbulletin.ch

Helmhaus, ‹Kunstankäufe der Stadt Zürich 2011–2018›,bis 27.1.

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Kunst: Szene Zürich–Asmara–Bagdad–Colombo 2018 - Ausstellung Zürich Schweiz
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