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Fondation Martin Bodmer — Literarische und musikalische Reisen

Cologny/GE — Für die meisten Menschen kommt es einer kleinen Reise gleich, wenn sie sich auf den Weg zur Fondation Martin Bodmer machen. Die letzte Strecke vom Zentrum von Genf nach Cologny, das auf einer Terrasse mit einem fesselnden Blick auf den zwischen Jurakette und der Alpenmassiv eingebetteten Genfer See liegt, lässt dabei das Selbst definitiv dem Alltag entschweben und für die geistigen Ebenen des Seins öffnen. Dies sind ideale Voraussetzung für die Kopfreisen, auf welche in dieser Saison nicht nur die permanente Ausstellung zur Entstehung und Verbreitung der Schrift im Museumskomplex des Schlossgutes führt, worin Martin Bodmer (1899-1971) seine neben seiner Tätigkeit für das Rote Kreuz aufgebaute Bibliothek untergebracht hat. Auch die beiden Wechselschauen sind weltumspannend.

Die sienarote Räume besetzende Ausstellung ist eingeleitet von einem frühneuzeitlichen Gemälde, das den nach oben im Dunst versinkenden Turm von Babel so mächtig wie ein Berg erscheinen lässt. Sie ist ‹Les Routes de la traduction› der fünf literarischen Universen gewidmet, die im Zentrum von Martin Bodmers Sammlung standen, nämlich Homer, die Bibel, Dante, Shakespeare und Goethe, plus Heidi und Tintin. Dank der hervorragenden Hörführer werden auch die schlichteren Exponate anschaulich. Gleich am Anfang wird dabei jedoch mit dem babelschen Mythos einer einheitlichen Ursprache durch die Einsicht der Linguisten gebrochen, dass die sprachliche Fähigkeit des Menschen schon an und für sich die Ausbildung verschiedenster Sprachen beinhalt.

Entlang der Wege der Kulturen und Religionen der verschiedenen Texte wird sodann bedeutender Momente sowie auch wichtiger, schon früh auch weiblicher Übersetzerpersönlichkeiten gedacht. Bei der Bibel fehlen zudem Schriften der anderen abrahamitischen Weltreligionen nicht, die der Übersetzung nicht ohne Grund viel stärker misstrauten als das Christentum. Wie sehr jede Übersetzung mehr intelligente, sensible Nacherfindung sein muss, damit der Text in der anderen Sprache wieder Sinn ergibt, zeigt jedoch vielleicht am frappantesten ein Video, in dem eine Schauspielerin Gebärdensprachezeichen in sieben verschiedenen Sprachen aufführt: Aufgrund voneinander abweichender Konnexe bereits so fundamentaler Begriffe wie «blau» oder «Frau» mussten auch diese in allen Sprachen neugeschaffen werden!

Zu der zwischen entenblauen Wänden ausgelegten Ausstellung begrüsst eine frei nach John M. Armleder bunt getupfte Tapete, die sich aus abgebildeten Lochcovers von Jazzplatten entpuppt. Die Schau dreht sich genährt aus der Sammlung von Guy Demole um die Beziehung zwischen ‹Jazz & Lettres›. Verschiedene Ereignisse wie der Auftritt der ersten Jazzbands in Europa während des 1. Weltkriegs oder die fast gleichzeitige Schliessung der Clubs in New Orleans führten zur fulminanten Begegnung der avantgardistischen Literaturszenen von Paris und New York mit der schwarzen Musik. Zwischen vielen verschiedenen Memorabilien, die auch etwas von den Melodien der Grafik vom Jugendstil bis zum Minimalismus erzählen, sind Inkunabeln der den Jazz bis in kompositorische und stilistische Prinzipien aufgreifenden Werke ausgelegt, etwa Becketts oder Kerouacs – und nicht zu vergessen die beschwingt von Henri Matisse illustrierte Ausgabe des mythischen Romans ‹Jazz› von Boris Vian. Dank ausgeklügelter Musikduschen darf man zum Schuss sogar noch wie «life» bei den besten Aufnahmen unter anderem von Armstrong, Ellington und Parker dabei sein! 

Institutionen

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Fondation Bodmer
Schweiz
Cologny
Cologny

Ausstellungen / Events

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Jazz & Lettres - Ausstellung Cologny Schweiz
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Cologny
Schweiz